Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsgebühr des Rechtsanwaltes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG entsteht die Terminsgebühr des Rechtsanwaltes für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin des Gerichts. Im Unterschied zu der nach der BRAGO geltenden Verhandlungs- und Erörterungsgebühr kommt es nicht mehr darauf an, ob in dem Termin Anträge gestellt worden sind oder ob die Sache erörtert worden ist.

2. Die Klagerücknahme steht dem Anfall der Terminsgebühr für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten dann nicht entgegen, wenn dem Gericht die Klagerücknahme bei Aufruf des Termins nicht bekannt gewesen ist.

3. Die Terminsgebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten fällt unabhängig davon an, ob diesem zum Zeitpunkt des Aufrufs des Termins die Klagerücknahme bekannt gewesen ist.

Solange nicht feststeht, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zum Zeitpunkt des Terminaufrufs Kenntnis von der Klagerücknahme hatte, haben die zur Kostentragung verpflichteten Kläger den Beklagten die angefallene Terminsgebühr gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstatten.

4. Die unter diesen Gegebenheiten angefallene Terminsgebühr ist aus dem vollen Streitwert der Hauptsache und nicht lediglich aus dem Kostenwert zu berechnen.

 

Normenkette

VV-RVG Vorbemerkung 3 Abs. 3; ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 220 Abs. 1

 

Tenor

1. Das Beschwerdeverfahren wird durch den Einzelrichter auf die Kammer übertragen.

2. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 229,91 EUR.

5. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Das Beschwerdeverfahren betrifft die Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten.

In dem Termin des Amtsgerichts zur mündlichen Verhandlung am 01.10.2010 ist nach Aufruf des Termins der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, nicht aber der Prozessbevollmächtigte der Kläger erschienen.

Der zuständige Richter hat daraufhin im Terminsprotokoll folgendes vermerkt:

„Für die Klägerseite ist um 14.20 Uhr noch niemand erschienen.

Dem Gericht liegt mittlerweile ein Faxschreien des Klägervertreters vom 01.10.2010 vor. Dieses … ist um 12.48 Uhr bei Gericht eingegangen. Damit nimmt er die Klage zurück.”

Auf den entsprechenden Antrag des Beklagtenvertreters hat das Amtsgericht daraufhin beschlossen,

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Das Amtsgericht – Rechtspfleger – hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.12.2010 antragsgemäß die den Beklagten von den Klägern als Gesamtschuldner zu erstattenden Kosten festgesetzt auf 560,25 EUR nebst Zinsen.

Gegen diesen, am 10.02.2011 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 16.02.2011 sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt,

den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss insoweit aufzuheben, als eine Terminsgebühr i.H.v. 193,20 EUR nebst Mehrwertsteuer gegen die Kläger festgesetzt worden ist.

Die Kläger sind der Auffassung, die Terminsgebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten sei nicht angefallen, da die Klage bereits vor Aufruf der Sache zurückgenommen worden sei.

Die Beklagten widersprechen der sofortigen Beschwerde und verteidigen den angefochtenen Beschluss.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

B.

I.

Der Einzelrichter überträgt das Beschwerdeverfahren gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO auf die Kammer, da die Sache sowohl hinsichtlich des Anfalls und der Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr nach der Klagerücknahme als auch hinsichtlich des für die Berechnung der Terminsgebühr maßgeblichen Geschäftswertes grundsätzliche Bedeutung hat.

II.

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz, 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff ZPO zulässige – insbesondere form- und fristgerecht eingelegte – sofortige Beschwerde der Kläger ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.

III.

Das Amtsgericht hat die Terminsgebühr der Prozessbevollmächtigen der Beklagten zu Recht festgesetzt.

1.

Gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG entsteht die Terminsgebühr des Rechtsanwaltes für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin des Gerichts. Im Unterschied zu der nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung geltenden Verhandlungs- und Erörterungsgebühr kommt es nicht mehr darauf an, ob in dem Termin Anträge gestellt worden sind oder ob die Sache erörtert worden ist (vgl. BGH Beschluss vom 27.10.2005, Az III ZB 42/05, NJW 2006, 157).

Der für das Entstehen der Terminsgebühr maßgebliche Gerichtstermin beginnt gemäß § 220 Abs. 1 ZPO mit dem Aufruf der Sache. Des Weiteren muss der Rechtsanwalt, für dessen Tätigkeit die Terminsgebühr geltend gemacht wird, verhandlungsbereit im Sitzungssaal anwesend sein (vgl. dazu OLG Köln, Beschluss vom 08.03.2007, Az 17 W 37/07, AG S 2008, 28 – 29, zitiert nach juris Rdnr. 8; Ha...

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