Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschaftsrecht. Haftung einer Mantel-GmbH
Leitsatz (amtlich)
Zur Haftung bei der Verwendung einer Mantel-GmbH und anschließenden Geschäftsaufgabe vor der Offenlegung der Mantelverwendung gegenüber dem Handelsregister
Normenkette
BGB § 179 Abs. 1, § 433 Abs. 2; HGB § 128; GmbHG § 8 Abs. 2, § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 2; ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Urteil vom 19.08.2008; Aktenzeichen 5 C 290/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 19.8.2008 – 5 C 290/08 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Weinlieferungen, die an das Restaurant „…” in … erfolgten.
Um das Restaurant zu betreiben erwarb die Beklagte gemeinsam mit dem Mitgesellschafter … am 20.10.2004 je zur Hälfte die Geschäftsanteile einer Bäckerei … (nachfolgend: …), deren Tätigkeit bis dahin weitgehend ruhte. Als Geschäftsführerin wurde die Beklagte bestellt. Mit notarieller Urkunde des Notars … in … vom 21.10.2004 beschloss die Gesellschafterversammlung der … mehrere Änderungen des Gesellschaftsvertrages, darunter die Umfirmierung der Gesellschaft in „…” (nachfolgend: …), die Bestellung des Streitverkündeten als weiteren Mitgeschäftsführer, die Verlegung des Gesellschaftssitzes von … nach …, die Neufassung des Unternehmensgegenstandes, sowie die Erhöhung des Stammkapitals von 25.000,– EUR auf 37.500,– EUR und die Bildung eines neuen Geschäftsanteils von 12.500,– EUR, zu dessen Übernahme der Streitverkündete zugelassen wurde. In den Vorbemerkungen der notariellen Urkunde vom 21.10.2004 war zudem ausgeführt, dass das derzeitige Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 15.695,62 EUR eingezahlt sei und dass die Beklagte dem Handelsregister gegenüber offengelegt habe, dass die zwischenzeitlich inaktive Gesellschaft beabsichtige, wieder einen Geschäftsbetrieb aufzunehmen. Aufgrund der nicht erbrachten Einlage durch den Streitverkündeten wurden die Änderungen des Gesellschaftsvertrages jedoch nicht vollzogen und gelangten nicht zur Eintragung ins Handelsregister. Gleichwohl wurde das Restaurant unter der neuen Firma bis zum Sommer 2006 betrieben und danach durch die …, die von der Beklagten und dem Mitgesellschafter … neu gegründet wurde, fortgeführt.
In der Zeit von August 2005 bis September 2006 erfolgten bei der Beklagten mehrere Weinbestellungen im Namen der … von zusammen 4.904,75 EUR, von denen derzeit noch 3.147,50 EUR zur Zahlung offenstehen.
Das Amtsgericht hat die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung vom 19.8.2008, auf deren tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), zur dahin gehenden Zahlung nebst außergerichtlich angefallener Anwaltskosten (302,10 EUR) und Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 25.5.2007 verurteilt und die Klage, die insgesamt auf eine Zahlung von 3.402,93 EUR gerichtet war, im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat der Erstrichter ausgeführt, dass die Beklagte für die Kaufpreisschuld der … als deren Gesellschafterin in entsprechender Anwendung von § 128 HGB persönlich hafte. Aufgrund der notariellen Urkunde vom 28.10.2004 (gemeint: 21.10.2004) sei die … als sogenannte Vor-GmbH entstanden, wobei es sich um eine unechte Vorgesellschaft gehandelt habe, weil die Absicht, die Eintragung im Handelsregister vorzunehmen, aufgegeben worden sei. Darauf, dass die Verträge mit der im Handelsregister bereits eingetragenen … zustande gekommen seien, könne sich die Beklagte nicht berufen. Wirtschaftlich sei vielmehr eine Neugründung anzunehmen, da lediglich der „leere” Mantel der … benutzt worden sei, so dass zum Zwecke des Gläubigerschutzes die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes entsprechend anzuwenden seien.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Rechtsanwendung durch das Amtsgericht rügt. Die … sei nicht nur als „Mantel-GmbH” anzusehen, da auch deren ursprünglicher Geschäftszweck neben dem Vertrieb von Backwaren der Betrieb von Gaststätten gewesen sei und sie von Anfang an den Betrieb des Restaurants aufgenommen habe. Mit der … sei daher keine Neugründung beabsichtigt worden, sondern die Fortführung der … unter betrieblicher Umorganisation. Die Kaufverträge seien mithin mit der … zustande gekommen, da sie nach dem Scheitern der Umorganisation weiterhin Betriebsinhaberin geblieben sei. Überdies sei es auch nicht sachgerecht, die Grundsätze der unechten Vorgesellschaft auf die Fallgestaltung einer Mantelverwendung anzuwenden, da mit dem „GmbH-Mantel” bereits eine eingetra...