Orientierungssatz
Eine Unterbringung zur Heilbehandlung ist dann nicht anzuordnen, wenn sie allein darauf gerichtet ist, die Behandlung, in die der Betreuer zum Wohle des Betroffenen bereits eingewilligt hat, gegen den natürlichen Willen des Betroffenen durchzusetzen. Eine formelle Ermächtigungsgrundlage für eine Zwangsbehandlung des Betreuten fehlt im Betreuungsrecht.
Verfahrensgang
AG Ludwigsburg (Entscheidung vom 26.01.2012; Aktenzeichen 8 XVII 58/12) |
Nachgehend
Tenor
1.
Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts L. vom 26.01.2012 wird zurückgewiesen.
2.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
3.
Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 70 Abs. 2 FamFG zugelassen.
Gründe
I.
Bei der Betroffenen wurde durch Gutachten des Landratsamts L. im November 2011 eine blande Psychose bei vielfältigen sozialen Problemen und eine Borderline Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Die Betroffene war nach Einschätzung des Sachverständigen aufgrund der krankheitsbedingten Auffassungsstörungen, der deutlichen Einschränkung des Urteils- und Kritikvermögens, einer depressiv gehemmten Symptomatik und ihrer Verhaltensstörung auf Dauer nicht in der Lage ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Daraufhin wurde vom zuständigen Betreuungsgericht mit Beschluss vom 14.12.2011 nach Anhörung der Betroffenen eine Betreuung für die Bereiche Vermögenssorge, die Bestimmung des Aufenthalts einschließlich Maßnahmen der Freiheitsbeschränkung und -entziehung sowie der Unterbringung, die medizinische und pflegerische Betreuung und Versorgung, einschließlich der Einwilligung in ärztliche Maßnahmen und Eingriffe, die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post, Angelegenheiten betreffend der Wohnung der Betroffenen, einschließlich der Hausratsauflösung angeordnet. Die Beteiligte Ziff. 1 wurde zur Betreuerin bestellt.
Am 04.01.2012 stellte die Beteiligte Ziff. 1 beim Amtsgericht L. den Antrag, die betreuungsgerichtliche Genehmigung für eine geschlossene psychiatrische Unterbringung der Betroffenen zu erteilen. Die Betroffene sei sehr stark abgemagert, wegen fehlender Krankheitseinsicht sei eine stationäre Behandlung nur verbunden mit einer freiheitsentziehenden Maßnahme möglich. Durch einstweilige Anordnung vom 09.01.2012 genehmigte das Amtsgericht L. die Unterbringung der Betroffenen auf der geschlossenen Station einer psychiatrischen Einrichtung für die Dauer von zunächst sechs Wochen. Zur Begründung führt es aus, es sehe dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringungsmaßnahme nach § 1906 Abs. 1 BGB gegeben seien und dass ein Aufschub eine erhebliche Gefahr für die Betroffene bedeuten würde.
Am 10.01.2012 kam die Betroffene in die psychiatrische Abteilung des Klinikums L.. Ein psychiatrisches Gutachten wurde am 12.01.2012 vorgelegt. Darin wird der Verdacht auf paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Die Betroffene reagiere inadäquat, indem sie u.a. im Sitzen schlafe, agiere aufbrausend gegenüber jeder Kontaktaufnahme, ein Gespräch sei mit der Betroffenen nicht möglich. Die Betroffene sei - so die Einschätzung der Sachverständigen - in ihrer freien Willensbildung erheblich eingeschränkt und verweigere jegliche Medikation. Es bestehe krankheitsbedingt die erhebliche Gefahr, dass sie durch ihre eingeschränkte Handlungsfähigkeit aufgrund psychotischer Verkennung sich oder anderen erheblichen gesundheitlichen Schaden zufüge.
Mit Schreiben vom 23.01.2012 beantragte die Beteiligte Ziff. 1 die "betreuungsgerichtliche Zustimmung für eine Zwangsmedikation" nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Betroffene reagiere hochgradig aggressiv und werde auch gegenüber Mitpatienten tätlich. Eine Einnahme von Medikamenten lehne sie ab. Mit Beschluss vom 30.01.2012 lehnte das Amtsgericht nach persönlicher Anhörung der Betroffenen die "betreuungsgerichtliche Genehmigung der Zwangsmedikation" ab. Es verweist auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom März und Oktober 2011, die die bisherige Auslegung des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGBG als Ermächtigungsgrundlage für die gerichtliche Genehmigung einer zwangsweisen Behandlung des Betroffenen nicht mehr erlaube.
Die Beteiligte Ziff. 1 legte mit Schreiben vom 01.02.2011 Beschwerde ein; zur Begründung trägt sie vor, die Betroffene sei hochgradig gesundheitlich eigengefährdet, es sei verantwortungslos, die Betroffene in diesem gesundheitlichen Zustand in die Obdachlosenunterkunft zu entlassen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 30.01.2012 ist zulässig, in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.
Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht, eine Unterbringung zur Heilbehandlung gem. § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB, die allein zum Zwecke der zwangsweisen Durchsetzung einer Behandlung angeordnet werden soll, nicht genehmigt.
1.
Die Kammer geht mit dem Bundesverfassungsgericht (NJW 20...