Orientierungssatz

Obligatorische Streitschlichtung bei Klagerehbung vor dem sachlich unzuständigen Gericht

 

Verfahrensgang

AG Böblingen (Entscheidung vom 27.10.2011; Aktenzeichen 3 C 1763/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.04.2013; Aktenzeichen VI ZR 151/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 27.10.2011 (Az. 3 C 1763/11) wird

    zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtsstreits.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die vorläufige Vollstreckung des Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages, es sei denn, dass der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

  • 4.

    Die Revision wird zugelassen.

Berufungsstreitwert: 2.000 Euro

 

Gründe

I.

Die Klägerin, geschiedene Ehefrau des Beklagten, begehrt von diesem die Unterlassung einer Äußerung.

Seit dem Jahr 2006 leben die Eheleute getrennt. Während der Trennungszeit der Eheleute verkaufte der Beklagte im Jahr 2008 ein ihm gehörendes Grundstück in Frankreich. Der Kauferlös floss auf das Konto des Beklagten bei der C-Bank in Frankreich. Der Beklagte überwies sodann eine Summe von 40.000 Euro auf ein Konto in Deutschland bei der S-Bank. Von diesem Konto nahm die Klägerin am 06.06.2008 eine Verfügung über einen Betrag in Höhe von 40.672,43 Euro vor.

Im Rahmen der familienrechtlichen Vermögensauseinandersetzung wurde dieser Betrag später zu Lasten der Klägerin berücksichtigt.

Die Klägerin trägt vor, sie sei zum Zeitpunkt der von ihr vorgenommenen Verfügung alleinige Kontoinhaberin des Kontos bei der S-Bank und der Beklagte sei lediglich verfügungsberechtigt gewesen. Des weiteren behauptet die Klägerin, der Beklagte bezichtige sie gegenüber Dritten, beispielsweise gegenüber ihrer Arbeitgeberin, gegenüber der S-Bank, gegenüber dem Amtsgericht Böblingen und gegenüber dem Notar A. der Unterschlagung. Mit Schreiben vom 21.04.2011 forderte die Klägerin den Beklagten auf, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben.

Mit Schriftsatz vom 12.05.2011 erhob die Klägerin Klage beim Landgericht Stuttgart und legte einen Streitwert von 10.000 Euro zugrunde. Mit Beschluss vom 19.05.2011 setzte das Landgericht den Streitwert auf 2.000 Euro fest. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin vom 18.06.2011 verwarf das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 28.07.2011 als unzulässig. Auf den Verweisungsantrag der Klägerin vom 04.08.2011 verwies das Landgericht das Verfahren an das Amtsgericht Böblingen.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes von jeweils bis zu 10.000 Euro zu unterlassen, folgende Behauptung aufzustellen: Die Klägerin habe ihm einen Betrag in Höhe von 40.000 Euro gestohlen oder unterschlagen.

Die Klägerin hat weiter beantragt,

die Beklagte zur Zahlung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 891,31 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 28.04.2011 zu verurteilen.

Der Beklagte hat im ersten Rechtszug Klagabweisung beantragt.

Er bestreitet, dass es sich beim Konto bei der S-Bank um ein Konto der Klägerin gehandelt habe. Er trägt vor, das Konto sei ursprünglich von den Eheleuten gemeinsam, nach der Trennung vom Beklagten allein genutzt worden. Des weiteren behauptet der Beklagte, er habe die streitgegenständliche Äußerung in erster Linie gegenüber der Klägerin selbst und nicht gegenüber Dritten getroffen.

Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die Klägerin das gem. § 15 a EGZPO i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Schlichtungsgesetz Baden-Württemberg erforderliche Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung nicht durchgeführt habe.

Die Klägerin wendet sich gegen das Urteil des Amtsgerichts Böblingen mit der Behauptung, auf den vorliegenden Fall sei § 1 Abs. 1 Nr. 3 Schlichtungsgesetz BW nicht anwendbar, da sie gerade nicht vor dem Amtsgericht sondern vor dem Landgericht Klage erhoben habe. Die Klägerin führt weiter aus, ein Fall des missbräuchlichen Umgehungsversuchs des Schlichtungserfordernisses liege nicht vor; es fehle an entsprechenden Anhaltspunkten für die Absicht der Klägerin.

Deshalb beantragt die Klägerin,

das Urteil des Amtsgerichts Böblingen aufzuheben und stellt erneut die Anträge aus erster Instanz.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen. Wegen des Berufungsvorbringens wird auf die vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2012 (Bl.111 ff d. A.) Bezug genommen.

II.

Der form- und fristgerecht eingelegten und mit einer Begründung versehenen Berufung der Klägerin bleibt in der Sache der Erfolg versagt. Das Amtsgericht hat die Klage zurecht als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hätte gem. § 15 a Abs. 1 Nr. 3 EGZPO i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchlG BW zunächst versuchen müssen, die Streit...

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