Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung
Verfahrensgang
AG Schorndorf (Urteil vom 22.08.1989; Aktenzeichen 2 C 312/89) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Schorndorf vom 22.8.1989 wird zurückgewiesen.
II. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.8.1990 gewährt.
III. Die Beklagten tragen auch die Kosten der Berufung als Gesamtschuldner.
Streitwert der Berufung: 6.120,– DM.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
Das Amtsgericht hat nach einer Beweiserhebung zutreffend ausgeführt, daß der Kläger bei einem Verkauf der von den Beklagten bewohnten Wohnung einen Mindererlös von ca. 20 % erleiden würde, wenn er diese Wohnung in vermietetem Zustand verkaufen müßte. Das Amtsgericht hat weiter zutreffend dargelegt, daß eine Einbuße in dieser Größenordnung dem Eigentümer und Vermieter einer Wohnung nicht mehr zugemutet werden kann. Auch nach Auffassung der Kammer ist eine Vermögenseinbuße in der angegebenen Größenordnung ausreichend, um einem Vermieter die Kündigungsmöglichkeit gem. § 564 b Abs. 2 Ziff. 3 Satz 1 BGB zu eröffnen. Dies gilt umsomehr, als vorliegend der Kläger vorgetragen hat, daß er aus Krankheitsgründen seinen Betrieb aufgegeben habe und den Erlös aus dem Verkauf der Wohnung zur Abdeckung von Verbindlichkeiten benötige, die er ohne weitere Einnahmen aus seinem Erwerbsgeschäft nur unter persönlichen Einbußen erbringen könne.
Die im Gesetz angeführte Verhinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung setzt auch nach Auffassung der Kammer nicht voraus, daß die Existenz des Vermieters bei einem Verkauf einer Wohnung in vermietetem Zustand auf dem Spiele steht. Im Hinblick auf die im Grundgesetz verankerte Eigentumsgarantie ist es vielmehr ausreichend, daß der Vermieter beim Unterlassen der von ihm beabsichtigten Verwertung der Wohnung bzw. bei einem Verkauf in vermietetem Zustand einen erheblichen Nachteil erleidet (vgl. BverfG NJW 1989, 972 ff.).
Kernpunkt des vorliegenden Falls ist somit – und dies wird auch von den Beklagten so gesehen –, die Frage, ob der vom Kläger im September 1988 ausgesprochenen Kündigung wegen der Verhinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung die Vorschrift des § 564 b Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 entgegensteht. Nach dieser Bestimmung kann sich ein Vermieter bei der Geltendmachung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung nicht darauf berufen, daß er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach der Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.
Der Kläger hat unstreitig im Jahre 1984 das Haus, in welchem sich die streitgegenständliche Wohnung befindet, in Wohnungseigentum aufgeteilt. Der zwischen den Parteien bestehende maßgebliche Mietvertrag wurde hingegen bereits im Jahre 1981 geschlossen. Der Kläger hat vorgetragen, die Aufteilung des Hauses in Wohnungseigentum im Jahre 1984 sei nur zur Überbrückung eines augenblicklichen finanziellen Engpasses erfolgt, welcher durch den Verkauf einer Wohnung habe behoben werden können. Er habe zu jener Zeit aber nicht vorgehabt, alle Wohnungen zu verkaufen. Diesen Entschluß habe er erst später (im Jahre 1988) gefaßt, als er krankheitsbedingt gezwungen gewesen sei, sein Baugeschäft aufzugeben. Es fehle damit der im Gesetz geforderte innere oder äußere Zusammenhang zwischen der Aufteilung und der Verkaufsabsicht, zumal er Spekulationszwecke nicht verfolgt habe. § 564 b Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB ergänze im übrigen nur die Schutzvorschrift des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB. Durch die zunächst genannte Vorschrift solle verhindert werden, daß die 3-Jahres-Schutzfrist, die der Mieter einem Erwerber entgegenhalten kann, durch eine vorherige Kündigung des Verkäufers unterlaufen werde.
Die Kammer hält diese Auffassung, trotz der von ihr im Termin vom 10.1.1990 geäußerten Bedenken, letztlich für überzeugend. Sie ist mit dem Kläger der Auffassung, daß zwischen der Aufteilung in Wohnungseigentum und der Veräußerung bzw. Veräußerungsabsicht ein Zusammenhang dergestalt bestehen muß, daß die Aufteilung gerade zu dem Zweck erfolgt, um die Wohnung anschließend mit Gewinn veräußern zu können. Nach Auffassung der Kammer würde das Eigentumsrecht des Vermieters unangemessen eingeschränkt, wenn ihm für einen nicht absehbaren Zeitraum eine Kündigung wegen der Verhinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung versagt werden würde, nur weil die Aufteilung in Eigentumswohnungen zeitlich nach dem Abschluß des Mietvertrags mit dem die Wohnung bewohnenden Mieter erfolgte, ohne daß ansonsten zwischen der Aufteilung und der Veräußerung ein Zusammenhang besteht. Ein solches uneingeschränktes Verbot der Kündigung hat der Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt. Die Absicht des Gesetzgebers war vielmehr lediglich Spekulationsgeschäfte durch das Aufteilen von Häusern in Eigentumswohnungen zu verhindern. Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer nicht nur aus dem Erfordernis des Zusammenhangs zwischen Aufteilung und Verkauf, sondern auch aus ...