Tenor
Verfügung:
5.) Vorschuss Bl. 62 Rs. zurücherst allen.
Gründe
Anlage zum Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Ulm vom 25.10.2007 - 2 O 269/06
Der vom Klägervertreter gem. § 11 RVG gegen seine Auftraggeber (Kläger) zur Festsetzung angemeldete Mehrvertretungszuschlag gem. VV 1008 RVG konnte nur in Höhe von 122,03 € festgesetzt werden.
Der Entscheidung des LG Düsseldorf vom 22.06.07 - 22 S 439/06 - folgend steht dem Klägervertreter ein Anspruch auf die um 0,3 erhöhte Verfahrensgebühr neben der ebenfalls um 0,3 erhöhten Geschäftsgebühr zu (so auch Enders, JurBüro 05,449 ff; Gerold/Schmidt, 17. Aufl., VV 1008 RVG Anm. 7, Hansens/Braun/Schneider; Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., 2007 S. 420 u.a.)
Nach den Gründen der genannten Entscheidung ist eine solche Auslegung nicht durch den Wortlaut der Vorschrift VV 1008 RVG - nach welcher sich die Verfahrens- oder die Geschäftsgebühr erhöht - ausgeschlossen.
Der Formulierung "oder" kann nach der Entscheidung des LG Düsseldorf nicht entnommen werden, dass bei einer Folgebeauftragung nur eine der beiden Gebühren erhöht berechnet werden darf. In der Entscheidung ist ausgeführt, dass es sich bei der Beauftragung zur Vertretung im gerichtl. Verfahren bereits nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des RVG handelt. Der Begriff der Angelegenheit diene der gebührenrechtl. Abgrenzung der anwaltl. Tätigkeitsbereiche, da gem. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG in derselben Angelegenheit Gebühren nur einmal gefordert werden dürfen. Da der Begriff "Angelegenheit" im RVG nicht definiert sei, habe die Abgrenzung anhand des konkreten Lebenssachverhalts und des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrags zu erfolgen. Gegen das Vorliegen derselben Angelegenheit spreche dabei, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht in einem einheitlichen Rahmen erfolge.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der in §§ 16,17 RVG aufgeführten Beispiele könne es sich bei den die Geschäfts- und die Verfahrensgebühr auslösenden Tatbeständen nicht um dieselbe Angelegenheit in diesem Sinne handeln, da die beiden Gebühren unstreitig nebeneinander anfallen können. Dies werde auch durch die Anrechnungsvorschrift der Vorbem. 3 Abs. 4 RVG Satz 1 VV vorausgesetzt. Für das Vorliegen von zwei Angelegenheiten spreche darüber hinaus, dass die vom Rechtsanwalt entfaltete Tätigkeit auf zwei unterschiedliche Aufträge zurückzuführen sei.
Desweiteren soll nach der Gesetzesbegründung die Regelung der NR 1008 RVG den Grundgedanken des § 6 Abs. 1 BRAGO übernehmen (BT-Drs. 15/1071, S. 205). Nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO wurden beide Gebühren erhöht, wenn der Rechtsanwalt von mehreren Auftraggebern in derselben Angelegenheit beauftragt wurde. Hätte der Gesetzgeber in dieser Frage eine inhaltliche Änderung vornehmen wollen, so hätte er dies - wie es beispielsweise für die Berechnung der Erhöhung geschehen ist - in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht.
Hätte der Gesetzgeber eine doppelte Gebührenerhöhung im Verhältnis zwischen der Geschäfts- und der Verfahrensgebühr ausschliessen wollen, hätte er dies zusammen mit der Anrechnung in den Vorb. 3 VV RVG geregelt.
Für die Berechnung der erhöhten Gebühr sprechen nach LG Düsseldorf (siehe dort 2.2.4.) auch praktische Erwägungen.
Die erhöhte Geschäftsgebühr ist bei der Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV im vorliegenden Fall mit einem Satz von 0,75 zu berücksichtigen.
Bei der Gebührenerhöhung des VV 1008 RVG handelt es sich nicht um eine eigenständige Gebühr. Sie bildet mit der Geschäfts -/Verfahrensgebühr der Nr. VV 2300 bzw. VV 3100 RVG eine einheitliche Gebühr.
Demzufolge ist die erhöhte Geschäftsgebühr nach der Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte, jedoch höchstens mit 0,75 auf die im gerichtl. Verfahren entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen.
Im vorliegenden Fall kann daher der Prozessbevollmächtigte aus einem Streitwert von 13 000,00 € von den Klägern verlangen:
Von der hinter den Klägern stehenden Rechtsschutzversicherung sind hierauf bezahlt:
Von den Klägern an Ihren Prozessbevollmächtigten zu zahlen und festzusetzen war daher noch ein Restbetrag von 105,20 € (1 288,70 € abzgl. 1 183,50 €) zuzügl. 16 % MWSt 16,83 €; damit insgesamt 122,03.
Fundstellen
Haufe-Index 3522004 |
AnwBl 2008, 73 |
AGS 2008, 163 |
NJW-Spezial 2008, 155 |
Rafa-Z 2008, 9 |