Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Verfahrensgang
AG Ulm (Urteil vom 30.01.1979; Aktenzeichen 1 C 1497/78) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Ulm vom 30.1.1979 – 1 C 1497/78 – abgeändert.
2. Es wird festgestellt, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird festgesetzt
a) |
für die Prozeßgebühren |
5.600,-- DM |
b) |
für die übrigen Gebühren |
2.600,-- DM. |
Tatbestand
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist statthaft und zulässig (§§ 511, 511a ZPO); sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO).
III.
Die Berufung hat in der Sache Erfolg.
Nachdem die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, ist nunmehr über den auf die Feststellung der Erledigung gerichteten Klagantrag zu entscheiden. Dieser Antrag ist begründet, da der ursprüngliche Feststellungsantrag zulässig und begründet war und allein durch den Eintritt des erledigenden Ereignisses unzulässig wurde.
A Die Feststellungsklage war zulässig, da die Klägerin aufgrund der zu erwartenden Räumungsklage der … ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten hatte (§ 256 Abs. 1 ZPO).
B Die Feststellungsklage war auch begründet.
Zwar geht die Kammer mit dem Amtsgericht davon aus, daß ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 325 Abs. 1 BGB oder nach den §§ 541, 538 Abs. 1, 2. Alt. BGB jedenfalls am Fehlen eines schuldhaften Verhaltens des Beklagten hinsichtlich der Einleitung oder des Betreibens des Zwangsverstelgerungsverfahrens scheitert.
Indessen ergibt sich die Pflicht des Beklagten zum Ersatz eines eventuellen Schadens der Klägerin aus einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß in Verbindung mit § 278 BGB. Danach besteht – worauf das Amtsgericht zu Recht hinweist – für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die erkennbar derart maßgebend für den anderen Teil sind, daß er nach den im Verkehr herrschenden Anschauungen redlicherweise eine Aufklärung erwarten darf (Palandt-Heinrichs, Anm. 4 B d zu § 242 BGB m.w.Nachw.). Im vorliegenden Fall musste der Beklagte allein aus dem Begehren der Klägerin, einen Mietvertrag auf die Dauer von mindestens 6 Jahren abzuschließen, entnehmen, daß es für die Klägerin von erheblicher Bedeutung für den Vertragsabschluß war, ob sie die gemietete Wohnung wenigstens für den vereinbarten Zeitraum werde nutzen können. Gegenüber dem Zeugen … erklärte die Klägerin ausdrücklich, sie habe die zuvor gemietete Wohnung wegen eines Eigenbedarfs des Vermieters räumen müssen und suche nunmehr eine Wohnung für längere Zeit. Da das außerordentliche (wenn auch befristete und nur unter den Voraussetzungen des § 564b BGB bestehende) Kündigungsrecht des Ersteigerers nach § 57a ZVG im Falle einer Ausübung durch den späteren Eigentümer der Wohnung diesem Begehren der Klägerin hätte zuwiderlaufen können, hätte es dem Beklagten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben oblegen, die Klägerin – auch ohne entsprechende Frage – auf die Möglichkeit einer Kündigung nach § 57a ZVG hinzuweisen.
Dies geschah unstreitig nicht, so daß der Beklagte wegen der schuldhaften Verletzung dieser Aufklärungspflicht, deren Ursächlichkeit für den nachfolgenden Vertragsabschluß vermutet wird (Palandt-Heinrichs, Anm. 8c dd vor § 249 BGB), einen eventuell der Klägerin daraus entstehenden Schaden dem Grunde nach zu ersetzen hätte. Von einem Mitverschulden der rechtsunkundigen Klägerin kann nicht ausgegangen werden.
C Durch die Rücknahme der Räumungklage im Prozeß 2 C 1606/78 hat die … von ihrem Räumungsbegehren Abstand genommen, so daß es nunmehr an einem auf die Verpflichtung zum Schadensersatz gerichteten Feststellungsinteresse der Klägerin fehlt, die ursprüngliche Feststellungsklage also durch Eintritt des erledigenden Ereignisses unzulässig wurde.
Das angefochtene Urteil ist mithin abzuändern mit der Feststellung, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Unterschriften
(…), (…), (…)
Fundstellen