Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietgarantiebescheinigung des Sozialamts
Leitsatz (amtlich)
(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Zur Rechtsnatur der zugunsten des Sozialhilfeempfängers erteilten sogenannten Mietgarantiebescheinigung des Sozialamtes. Aus der Mietgarantie kann der Vermieter Zahlungsansprüche gegen den Träger der Sozialhilfe regelmäßig nur für den Zeitraum bis zum Auszug des Mieters geltend machen.
Orientierungssatz
Die von dem Sozialamt gegenüber einem Vermieter abgegebene Mietgarantiebescheinigung ist ein Vertrag eigener Art, wonach die Miete solange gezahlt wird, wie Bedürftigkeit besteht (entgegen LG Saarbrücken, 1987-09-18, 11 S 131/86, NJW-RR 1987, 1372; vergleiche OVG Berlin, 1983-10-20, 6 B 4/83, NJW 1984, 2593).
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Klägerin verlangt von der beklagten Stadt restlichen Mietzins und Mietnebenkosten für die Monate Dezember 1985 und Januar 1986 von insgesamt DM 1.276,04 für eine Wohnung, die sie, die Klägerin, an eine von der Beklagten betreute Sozialhilfeempfängerin vermietet hatte. Die Sozialhilfeempfängerin S. hatte die Wohnung vom 1.12.1984 bis Ende November 1985 bewohnt und ist ohne Einhaltung der Kündigungsfrist ausgezogen. Die Beklagte gewährt Frau S. Sozialhilfe und hatte dieser vor Abschluß des Mietvertrages mit der Klägerin eine "Bestätigung zur Vorlage beim Vermieter", daß sie laufende Sozialhilfe von der Beklagten erhält, eine sog. Mietgarantiebescheinigung v. 23.10.1984, ausgehändigt, die Frau S. der Klägerin vorgelegt und so den Mietvertragsabschluß mit ihr erreicht hat.
Die Bestätigung enthält folgenden Wortlaut:
"Solange Frau S. einen Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt hat, übernimmt das Sozialamt die Mietkosten in Höhe von ca. 450,- DM sowie die Heizungspauschale von ca. 150,- DM. Die Heizkostenabrechnung kann bei angemessenem Verbrauch ebenso übernommen werden. Die Übernahme der Mietkaution und der Maklergebühr wird zugesichert."
Bis zum Auszug von Frau S. hat die Beklagte die Miete plus Nebenkosten direkt an die Klägerin bezahlt. Die Parteien streiten um die Rechtsnatur dieser Bescheinigung.
Die Klägerin ist der Meinung, es handele sich um eine Garantiezusage durch die Beklagte, weshalb diese verpflichtet sei, die Mietschuld von Frau S. gegenüber der Klägerin zu begleichen.
Die Beklagte vertritt die Meinung, es handele sich um eine bloße Tatsachenerklärung. Selbst wenn dieser eine gewisse rechtliche Bindung beizulegen wäre, könnte sie, die Beklagte, nur solange und soweit in Anspruch genommen werden, als sie öffentlich-rechtlich berechtigt wäre, Leistungen im Rahmen der Sozialhilfe zu erbringen. Da sie danach aber Leistungen nur für eine Wohnung erbringen dürfe, die die Hilfeempfängerin tatsächlich bewohnt, sei sie zur Mietzahlung über November 1985 hinaus nicht verpflichtet.
Das AG Würzburg (Az. 73 C 2389/87) hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat den Zivilrechtsweg für diese Streitigkeit bejaht und die Bestätigung der Beklagten als Garantiezusage in Form einer Mietzusicherung gewertet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt unter Abänderung des Ersturteils zur Klageabweisung, da die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch aus der Bestätigung der Beklagten nicht herleiten kann.
I. Zutreffend hat das Erstgericht für die Entscheidung des Rechtsstreits den Zivilrechtsweg für gegeben erachtet. Insoweit wird auf die Ausführungen im Ersturteil Bezug genommen.
II. Die Kammer ist auch mit der Klägerin, dem Erstgericht und dem OVG Berlin (NJW 84, 2593) der Meinung, daß es sich bei der Bestätigung der Beklagten v. 23.10.1984 nicht nur um eine bloße Tatsachenerklärung (so LG Saarbrücken in NJW-RR 87, 1372), sondern um eine Erklärung der Beklagten mit Rechtsbindungswillen, ein Vertragsangebot an den jeweiligen Vermieter des Sozialhilfeempfängers, handelt. Übergibt der Sozialhilfeempfänger, wie vorliegend, diese Erklärung dem Vermieter und schließt dieser daraufhin mit dem Sozialhilfeempfänger einen Mietvertrag ab, so kommt zwischen dem Vermieter und der Beklagten ein Vertrag eigener Art zustande, aus dem der Vermieter in begrenztem Umfang eigene Rechte gegen das Sozialamt herleiten kann (§§ 305, 241 BGB). Das Sozialamt will durch die Abgabe derartiger Erklärungen die Vermieter dazu bewegen, mit dem einkommenslosen und vermögenslosen Hilfeempfänger einen Mietvertrag abzuschließen. Es hat ein eigenes öffentliches Interesse daran, daß ein Mietvertrag zustande kommt. Dieses Interesse ist den Vermietern auch bekannt. Auf der anderen Seite weiß das Sozialamt auch, daß ohne Abgabe derartiger Erklärungen häufig Mietverträge mit Sozialhilfeempfängern nicht zustande kämen. Der Vermieter soll durch derartige Erklärungen motiviert werden, den Mietvertrag abzuschließen. Nach Meinung der Kammer ist eine derartige Motivierung nicht erreichbar, wenn der Vermieter aus solchen Erklärungen des Sozialamtes keinerlei Rechte herleiten kann. Sicherlich wollen sic...