Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung einer Mietwohnung wegen Betriebsbedarfs
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Betriebsbedarf für den Geschäftsführer einer Stiftung & Co KG, die die Vermieterin der Wohnung ist, kann nicht allein damit begründet werden, der Geschäftsführer sei eine sog Schlüsselkraft des Betriebes.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Stiftung & Co. KG, hat den Beklagten den Wohnungsmietvertrag am 1.10.1992 zum 31.3.1993 gekündigt. Sie hat dargelegt, daß die Wohnung für den Geschäftsführer G., der Familienzuwachs erwartet und zur Zeit eine Wohnung von nur 64 qm bewohnt, benötigt wird.
Das AG Solingen hat der Räumungsklage stattgegeben. Die Klägerin habe Wohnbedarf für einen Arbeitnehmer und damit Betriebsbedarf dargelegt. Dieser Bedarf liege auch vor. Eine 64 qm große Wohnung sei für eine dreiköpfige Familie recht klein, zumal gemessen an den persönlichen Bedürfnissen und vor allem wirtschaftlichen Verhältnissen eines Geschäftsführers, die nicht eng bemessen seien.
Entscheidungsgründe
Die Kündigungen der Klägerin v. 1.10.1992 und v. 2.4.1993 sind nicht begründet, da ein Kündigungsgrund i.S. des § 564b BGB nicht besteht.
Auf Eigenbedarf i.S.v. § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB kann die Klägerin als Stiftung & Co. KG ihre Kündigung nicht stützen. Eigenbedarf kann nur bei natürlichen Personen bestehen und auch nur von diesen geltend gemacht werden, vgl. Palandt-Putzo, BGB, 52. Aufl., § 564b Rn. 44.
Der von der Klägerin geltend gemachte Betriebsbedarf, der grundsätzlich einen Kündigungsgrund i.S.v. § 564b Abs. 1 BGB darstellen kann, vermag vorliegend die Kündigung des Mietverhältnisses nicht zu rechtfertigen.
Nach dem RE des OLG Stuttgart v. 24.4.1991 (WM 1991, 330 f.), an den die Kammer nach Maßgabe des § 541 ZPO gebunden ist, berechtigt der Betriebsbedarf eines Unternehmers nicht zur Kündigung einer an einen Betriebsfremden vermieteten Wohnung (keine Werkswohnung), wenn der Vermieter - lediglich - diese Wohnung einem Arbeitnehmer mit konkretem Wohnbedarf zur Verfügung stellen will.
Das OLG Stuttgart hat in dem angegebenen RE ausgeführt, daß zwar Betriebsbedarf des Vermieters gegeben sein mag, wenn einer seiner Arbeitnehmer einen konkreten Wohnbedarf hat, es hat aber weiter dargelegt, daß allein dieser Betriebsbedarf nicht im Rahmen der in § 564b Abs. 1 BGB vorgesehenen Interessenbewertung ausreicht, um die Kündigung des Vermieters gegenüber dem Interesse des Mieters an dem Fortbestand des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. "Hinzukommen muß vielmehr ein weiterer Grund, daß gerade das Bewohnen dieser Räume durch diesen Arbeitnehmer für die ordnungsgemäße Führung des Betriebes erforderlich ist", vgl. RE v. 24.4.1991 a.a.O. m.w.N.
Wegen bestehenden Wohnbedarfs eines Betriebsangehörigen ist daher eine Kündigung wegen Betriebsbedarfs nur dann gerechtfertigt, wenn weitere Gründe zu dem konkreten Wohnbedarf des Arbeitnehmers hinzukommen, "die gerade den Bezug dieser speziellen Wohnung durch den Arbeitnehmer für die Führung des Betriebes des Vermieters als notwendig erscheinen lassen".
Solche zusätzlichen Gründe sind vorliegend nicht konkret dargetan und auch nicht ersichtlich. Der Umstand, daß der Geschäftsführer wegen des Säuglings zur Zeit schlecht schläft - was aber unter Umständen auch dann der Fall ist, wenn der Säugling in einem anderen Raum schläft - sowie die Nähe zwischen der Wohnung der Beklagten und der Arbeitsstelle des Geschäftsführers, für den die Wohnung geltend gemacht wird, reichen nicht aus, um bejahen zu können, daß vorliegend gerade das Bewohnen dieser Räume durch diesen Arbeitnehmer für die ordnungsgemäße Führung des Betriebes erforderlich ist.
Die jetzige Wohnung des Geschäftsführers der Klägerin liegt nach eigenem Vorbringen auch nur 10 bis 15 Minuten vom Betrieb der Klägerin entfernt. Daß eine größere Nähe zwischen Wohnung und Arbeitsstelle ihres Geschäftsführers für die Führung des Betriebes der Klägerin notwendig wäre, ist nicht ersichtlich. Hierzu trägt die Klägerin konkret nichts vor, ebensowenig wie dazu, ob Herr G., für den die Wohnung geltend gemacht wird, eine sog. Schlüsselkraft des Betriebes ist. Von daher kann dahingestellt bleiben, ob allein der Umstand, daß die Wohnung für eine sog. Schlüsselkraft geltend gemacht wird, ausreicht, um die Betriebsbedarfskündigung als berechtigt anzusehen. Die Kammer neigt dazu, das zu verneinen und auch in einem solchen Fall das Vorliegen weiterer Voraussetzungen, an die möglicherweise geringere Anforderungen zu stellen sind, zu verlangen.
Fundstellen