Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
Ohne uneingeschränkte Genehmigung der Gemeinschaft hatte ein Eigentümer seine vorgelagerte offene Loggia verglast, wobei er auf deren Brüstung und an deren oberer Begrenzung Führungsschienen anbrachte, in denen auf kugellager-artigen Rollen 8 mm starke und jeweils 1 m breite Sekuritglas-Scheiben ausgefahren werden konnten. Diese bauliche Änderungsmaßnahme wurde zum einen von der Gemeinde im Einvernehmen mit dem Landratsamt abgelehnt; zum anderen hat das Gericht in der Verglasungsangelegenheit eine nachteilige bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentum bestätigt (Beeinträchtigung der Fassaden-Optik bei ausgefahrenen Scheiben). Werde die Loggia geschlossen, so liege hinter den Scheiben ein dunklerer Raum mit der Folge, dass die Scheiben spiegelten und der Raum jedenfalls von außen als abgeschlossen wirke. Deshalb akzeptiere die ständige Praxis aller Instanzen seit Jahren derartige Balkonverglasungen nicht.
Die genannte Wirkung der Geschlossenheit führe im Verhältnis zur Fassadenumgebung, insbesondere zu den darunterliegenden Loggien, zum Eindruck der Kopflastigkeit, der das architektonisch vorgesehene Gleichgewicht aus den Fugen bringe. Die Harmonie der optischen Fassadenwirkung werde aber nicht nur in der Vertikalen, sondern auch in der Horizontalen beeinträchtigt. Die geschlossene Loggia vermittle den Eindruck eines unorganisch vorspringenden kompakten Bauteils. Nicht übersehen werden dürfe auch die Präjudizwirkung einer Genehmigung solcher Einzelvorhaben. Eine weitere Verschandelung der Fassaden wäre nur eine Frage der Zeit, wenn man einem Eigentümer Zugeständnisse machen würde, die man dann auch anderen einräumen müsse.
Selbst der Hinweis auf Offenhalten der Loggia bei schönem Wetter sei nicht geeignet, eine Duldungspflicht anzunehmen.
Es fehle hier der Gemeinschaft eine jede Kontrolle oder Einflussmöglichkeit dahin, wann jeweils die Scheiben geschlossen werden müssten und auf wie lange Zeit dies jeweils geschehe. Jahreszeitlich, tageszeitlich oder gar durch die Witterung bedingte Differenzierungen seien für einen Verwalter nicht brauchbar und würden ständige Unsicherheit erzeugen. Im Sinne einer klaren Linie müsse es also auch hier beim Verbot eigenmächtiger Brüstungsaufbauten sein Bewenden haben. Immerhin habe der betroffene Eigentümer seine Wohnung in einem Bauzustand in ursprünglicher Ausführung erworben, sodass auch Gesichtspunkte einer Energieeinsparung oder eines Wetterschutzes hier nicht relevant sein könnten.
Link zur Entscheidung
( AG München, Beschluss vom 22.12.1986, UR II 219/86 WEG, noch nicht rechtskräftig!)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer