Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrektur eines Bescheides eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 48 SGB 10. konkludente Korrektur nach § 45 SGB 10. Umdeutung
Leitsatz (amtlich)
Führt der Rentenversicherungsträger im Verfügungssatz eines Aufhebungsbescheids nur einen konkret bezeichneten Bescheid an und benennt er weder im Widerspruchsbescheid noch in einer Anlage weitere Bescheide, kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit einer auf § 48 SGB X gestützten Aufhebungsentscheidung zumindest konkludent auch die Aufhebung von Anfang an rechtswidriger Bescheide erklärt wird. Verfügt der Rentenversicherungsträger im Aufhebungsbescheid ausdrücklich, dass ein Bescheid "nach § 48 SGB X" aufgehoben wird, scheidet eine bloße Auswechslung der Rechtsgrundlage oder ein bloßes Nachschieben von Gründen mit Blick auf § 45 SGB X aus. Eine Aufrechterhaltung des Bescheids ist in diesem Fall nur im Wege der Umdeutung nach § 43 SGB X möglich. § 43 Abs 3 SGB X verbietet die Umdeutung einer gebundenen Entscheidung in eine Ermessensentscheidung.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.10.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung und Erstattung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung für die Zeit vom 01.07.2008 bis 31.12.2018 in Höhe von insgesamt 4.897,56 €.
Der 1941 geborene Kläger war technischer Leiter. Er beantragte am 08.03.2004 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (BfA) Altersrente und zugleich einen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung. In dem Antragsformular machte der Kläger auch Angaben über die Einkünfte seiner Ehefrau und die Höhe seines und ihres privaten Krankenversicherungsbeitrags (119,68 € und 205,60 €) und verpflichtete sich, unter anderem „die Rentenberechtigung eines Familienangehörigen, dessen Beitragsanteile bei der Berechnung des Zuschusses zur Krankenversicherung berücksichtigt werden“ mitzuteilen. Mit Bescheid vom 08.06.2004 bewilligte die BfA dem Kläger Altersrente wegen Altersteilzeit bzw. Arbeitslosigkeit sowie einen Zuschuss zur Krankenversicherung ab 01.07.2004 in Höhe von 137,79 €. Zur Berechnung war angegeben, der Zuschuss werde in Höhe von 7,15% der monatlichen Rente gewährt. Der Bescheid enthielt unter „Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten“ den Hinweis auf die Verpflichtung des Klägers, jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses mitzuteilen. Dies gelte auch für Änderungen in den Verhältnissen von Familienangehörigen, deren Beitrag bei der Berechnung des Beitragszuschusses berücksichtigt worden sei. Unter „Hinweise“ war weiter ausgeführt: „Wir bitten um Mitteilung, wenn vom Familienangehörigen Einkommen über 340 € bzw. eine eigene Rente bezogen wird. Der Beitragszuschuss zur Krankenversicherung wird derzeit aus Ihrem Beitrag und dem des Familienangehörigen berechnet.“
In der Folgezeit änderte die BfA bzw. die Beklagte die Höhe des gewährten Zuschusses in den Rentenanpassungsbescheiden zum 01.07. des jeweiligen Jahres, im hier maßgeblichen Zeitraum erstmals mit Rentenanpassungsbescheid zum 01.07.2008 auf 137,12 €. Mit weiterem Bescheid vom 09.12.2008 passte die Beklagte die Höhe des Zuschusses für die Zeit ab dem 01.01.2009 an den einheitlichen allgemeinen Beitragssatz an und bewilligte unter Aufhebung des bisherigen Bescheids über die Höhe des Zuschusses nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) einen monatlichen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 143,00 €. Frühere Hinweise zu Mitteilungspflichten gälten nach wie vor. Mit Bescheid vom 17.12.2010 verfuhr die Beklagte für die Zeit ab dem 01.01.2011 entsprechend und setzte den monatlichen Zuschuss auf 146,44 € fest. In den Rentenanpassungsmitteilungen zum Juli 2009 und 2010 erhielt der Kläger darüber hinaus folgenden Hinweis: „Der Zuschuss zu einer privaten Krankenversicherung wird auf die Hälfte der Aufwendungen begrenzt.“ Hinsichtlich der jeweiligen Höhe des gezahlten Zuschusses wird auf Bl. 50 Rückseite der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Bereits ab dem 01.07.2008 bezog die Ehefrau des Klägers eine eigene Altersrente mit einem eigenen Beitragszuschuss.
Der Kläger wandte sich nach der Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2018 an die Beklagte und bat um Prüfung, da sich der Zuschuss zu seiner Krankenversicherung trotz höherer Beiträge seit 2016 nicht mehr erhöht habe, und ggfs. um eine Nachzahlung.
Mit Bescheid vom 19.11.2018 berechnete die Beklagte nach Anhörung des Klägers die Altersrente ab dem 01.07.2004 neu, setzte den monatlichen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag ab dem 01.01.2019 auf 160,86 € fest und forderte eine Erstattung in Höhe von 4.897,56 €. Der Kläger habe Anspruch auf einen Beitragszuschuss. Der Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses vom 08.06.2004 werde „ab dem 01.07.2008 nach § 48 SGB X aufgehoben“. Die genannte Überzahlung für die Zeit bis 31.12.2018 sei zu erstatten. Da die B...