Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. SAP-Berater auf der Basis eines Projektvertrags über freie Mitarbeit
Leitsatz (amtlich)
Zur selbständigen Tätigkeit eines SAP-Beraters.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf € 5.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten, ob der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit als SAP-Berater bei der Klägerin zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 31. März 2010 in abhängiger Beschäftigung ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Die Klägerin hat ihren Sitz in S. und ist im Bereich der Unternehmensberatung tätig. Sie beschäftigt ca. 450 Festangestellte und etwa 300 freie Mitarbeiter. Der Beigeladene zu 1) ist am 1952 geboren. Er ist Diplom-Informatiker und Software-Programmierer. Er arbeitet als freiberuflicher EDV-Berater und Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).
Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) schlossen am 30. September/1. Oktober 2009 einen “Projektvertrag„ über “freie Mitarbeit„ für ein Projekt einer Kundin der Klägerin (im Folgenden: Endkundin). Der Vertrag, in dem die Klägerin mit ihrer Firmenbezeichnung und der Beigeladene zu 1) als “Partner„ firmieren, hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:
§ 1 Tätigkeit
Der Partner wird ab dem 1. Oktober 2009 für [die Klägerin] die Aufgaben eines Beraters auf dem PIT-Projekt bei der Firma [Endkundin] wahrnehmen. Tätigkeitsgebiet ist der Bereich SAP mit folgenden Tätigkeiten:
- SAP-Fachberatung/ SAP-Entwicklung im Projekt PIT, [Endkundin].
- Unterstützung bei der Erstellung und Umsetzung von Spezifikationen
- Entwicklung von Frameworks für nachnutzungsfähige, objektorientierte, anpassbare Dialoganwendungen in den Bereichen allgemeine Beauftragung, Stücklistenauflösungen, PIT4Van, Bedarfs- /Beschäftigungsmonitor Technische Konzeption, Datenmodellierung und Systementwicklung SAP
- Einführungsunterstützung und Sicherstellung des laufenden Betriebes im PIT-Projekt
Unterstützung der [Endkundin]-IT, Bereich ITP/DT
- Support, regelmäßiger Know-how-Transfer und Einarbeitung neuer Mitarbeiter
Der Partner wird in diesem Projekt den Berater Herrn [den Beigeladenen zu 1] einsetzen.
§ 2 Weisungsfreiheit
Der Partner unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeit keinen Weisungen von [der Klägerin] oder Kunden. Gegenüber den anderen Angestellten von [der Klägerin] oder der [Endkundin] hat der Partner keine Weisungsbefugnis. Der Ansprechpartner im Sinne dieses Vertrages ist Herr Dr. M.G. [N.].
§ 3 Arbeitsaufwand/Betriebliche Anwesenheit/Arbeitszeit
Projektbeginn/-verlängerung: 1. Oktober 2009
Voraussichtliches Projektende, jetzt: 31. Dezember 2010, mit Option der Verlängerung
Der Partner erklärt sich ausdrücklich bereit, diesen Vertrag zu angemessenen Konditionen zu verlängern. Endet der Auftrag von [der Klägerin] vorzeitig, so endet zum gleichen Termin der Projektvertrag zwischen [der Klägerin] und dem Partner. Der Projektvertrag endet mit dem hier angegebenen voraussichtlichen Projektende, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf. Soll das Projekt über das voraussichtliche Projektende, d.h. den 31.12.2010 fortgeführt werden, so verlängert sich dieser Projektvertrag einmalig um drei Monate, soweit [die Klägerin] die Verlängerung des Projektvertrages wünscht und dies dem Partner spätestens 6 Wochen vor dem voraussichtlichen Projektende schriftlich oder in Textform z.B. E-Mail mitteilt.
Eine ordentliche Kündigung des Projektvertrages ist ausgeschlossen. Endet das Projekt vorzeitig, d.h. vor dem Datum des voraussichtlichen Projektendes oder vor dem Ablauf des Verlängerungszeitraumes, so kann [die Klägerin] diesen Projektvertrag außerordentlich kündigen. Die Kündigung wird in diesem Fall jedoch erst nach Ablauf einer Kündigungsfrist von mindestens 5 Werktagen wirksam.
Der Partner ist während der Vertragslaufzeit berechtigt, für andere Auftraggeber tätig zu werden, und im Zuge den zeitlichen Einsatz für diesen Vertrag, der zunächst ca. 4 bis 5 Tagwerke pro Woche beträgt, auf 50 % zu reduzieren.
Er kündigt diese Reduzierung mindestens 4 Wochen vorher an. Die Vereinbarung des zeitlichen Einsatzes erfolgt einvernehmlich.
Im Übrigen unterliegt der Partner in der Ausgestaltung seiner Arbeitszeit keinen Einschränkungen.
§ 4 Arbeitszeit/Konkurrenz/Verschwiegenheit
Reisezeit ist keine Arbeitszeit und ist zusätzlich unentgeltlich zu erbringen.
[...]
§ 5 Vergütung
Als Vergütung wird ein Stundensatz in Höhe von 80,- € vereinbart. Ein Arbeitstag/Manntag entspricht 8 Arbeitsstunden. Die Abrechnung erfolgt monatlich nach Vorlage der von [Endkundin] gegengezeichneten Anwesenheitsbestätigung (allow to bill) und Eingang einer ordnungsgemäßen Rechnung des Partners.
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