Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Großgrundbesitzer. Abgabe des Unternehmens. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens für eine Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte verstößt nicht gegen das Grundgesetz; dies gilt auch im Falle eines Großgrundbesitzers.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.07.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung von Altersrente für Landwirte nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Der verheiratete und kinderlose Kläger bewirtschaftet seit mindestens 1990 ein landwirtschaftliches Unternehmen, das die Mindestgröße übersteigt. Allein im Zuständigkeitsbereich der Beklagten handelt es sich um 59,54 ha Forst sowie 840,97 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Nach Angaben des Klägers umfasst sein Unternehmen insgesamt 1.300 ha Forst sowie 1500 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Seit dem 01.01.2008 erhält er von der Deutschen Rentenversicherung Bund Regelaltersrente in Höhe von monatlich 895,34 € (Stand 01.01.2008) zuzüglich eines Zuschusses zur Krankenversicherung.
Seinen bei der Beklagten im Dezember 2008 gestellten Antrag auf Gewährung von Altersrente, mit dem er zugleich die Abgabe seines Unternehmens ablehnte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.09.2008 und Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009 ab. Zwar habe der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit für die begehrte Rente erfüllt, die Rentengewährung scheitere jedoch an der fehlenden Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens.
Das hiergegen am 14.05.2009 mit verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Einwänden angerufene Sozialgericht Stuttgart hat die Klage mit Urteil vom 20.07.2010 abgewiesen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liege nicht vor, ein europarechtlicher Verstoß sei nicht erkennbar.
Gegen das ihm am 13.08.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.09.2010 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen erster Instanz und meint, das in der bisherigen Rechtsprechung angeführte Argument, landwirtschaftliche Unternehmen zu einem wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt an Jüngere zu übergeben, sei nur politischer Wille, jedoch kein sachlicher Differenzierungsgrund für eine Ungleichbehandlung und angesichts der durchschnittlichen Größe landwirtschaftlicher Unternehmen in Deutschland von 60 ha im Hinblick auf die Größe des von ihm bewirtschafteten Unternehmens auch nicht mehr aktuell. Er sieht eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen landwirtschaftlichen Unternehmern und sonstigen Normadressaten, insbesondere im Hinblick auf die Größe des von ihm bewirtschafteten Unternehmens. Eine Verpachtung sei aus tatsächlichen Gründen unmöglich und würde steuerrechtlich im Erbschaftfall zu einer höheren Besteuerung der Erben führen. Auch ein Verkauf sei nicht möglich. Er fordert eine Gleichbehandlung mit anderen Wirtschaftsunternehmern. Außerdem rügt er einen Verstoß gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, das er aus den Artikeln 44 bis 51 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ableitet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.07.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28.04.2009 zu verurteilen, ihm ab Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente nach dem ALG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist und unter anderem auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Rechtsgrundlage des prozessualen Begehrens des Klägers ist § 11 Abs. 1 ALG. Danach haben Landwirte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.
Zutreffend gehen die Beteiligten und das Sozialgericht davon aus, dass der Kläger im Zeitpunkt seines Rentenantrages die Wartezeit von 15 Jahren bereits erfüllt hatte und im Dezember 2007 auch die Altersgrenze für die Altersrente erreichte. Zwar wird nach § 11 Abs. 3 ALG in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung die Regelaltersgrenze erst mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht, doch ordnet § 87a ALG in Abweichung hierzu an, dass Geburtsjahrgänge vor 1947 - und damit auch der 1942 geborene Kläger - d...