Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers. Androhung eines Zwangsgeldes. sofortige Vollziehung. aufschiebende Wirkung
Leitsatz (amtlich)
Der Rentenversicherungsträger kann zur Vorbereitung einer Betriebsprüfung den Arbeitgeber durch Verwaltungsakt unter Androhung eines Zwangsgeldes dazu verpflichten, ein Verzeichnis iSd § 9 Beitragsverfahrensordnung (juris: BeitrVV) vorzulegen.
Orientierungssatz
1. Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs entfällt nicht bereits kraft Gesetzes nach § 86a Abs 2 Nr 1 SGG, wenn im angefochtenen Verwaltungsakt noch nicht über die Anforderung von Beiträgen entschieden wurde.
2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes, die nach § 86a Abs 2 Nr 5 SGG das Entfallen der aufschiebenden Wirkung zur Folge hat, bedarf einer schriftlichen auf den konkreten Einzelfall abstellenden und nicht einer lediglich formelhaften Begründung des besonderen öffentlichen Interesses.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 22.05.2012 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.03.2012, mit dem sie die Antragstellerin auffordert Unterlagen für eine Betriebsprüfung vorzulegen.
Die Antragstellerin ist ein Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Zeitarbeit. Sie wandte in der Vergangenheit die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeiter in Personalserviceagenturen (CGZP) an. Mit Beschluss vom 14.12.2010 entschied das Bundesarbeitsgerichts (BAG), dass die CGZP nicht tariffähig ist.
Mit Schreiben vom 21.12.2010 forderte die Antragsgegnerin daraufhin die Antragstellerin zur Überprüfung der Beitragszahlungen und ggf Nachzahlung für die Zeit ab 01.12.2005 auf. Im Jahr 2011 leitete die Antragsgegnerin eine Betriebsprüfung bei der Antragstellerin nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ein (Prüfzeitraum ab 01.12.2005). Hierzu fand am 03.11.2011 ein Gespräch mit dem Außendienstmitarbeiter der Antragsgegnerin in den Räumen der Antragstellerin statt, bei dem die Antragstellerin aufgefordert wurde, bis zum 31.12.2011 eine Liste der verliehenen Mitarbeiter nach näher bezeichneten Kriterien zu erstellen. Dieser Aufforderung wurde mit anwaltlichem Schriftsatz vom 02.01.2012 entgegengetreten. Mit Schreiben vom 18.01.2012 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin erneut auf, die „Equal-Pay-Ansprüche“ der Mitarbeiter zu ermitteln und eine entsprechende Aufstellung zu überlassen. Nachdem dies die Antragstellerin weiter ablehnte, erließ die Antragsgegnerin unter dem 30.03.2012 einen Bescheid (zugestellt am 04.04.2012), wonach ein Termin zur Betriebsprüfung festgelegt und die Antragstellerin erneut zur Vorlage der Unterlagen (insb Auflistung der Mitarbeiter, Produktivstunden und Gesamtstunden, Entleiher, Vergleichslöhne) bis zum 30.04.2012 aufgefordert wurde. Zugleich drohte sie mit der Auferlegung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000,00 €, sofern die Antragstellerin der Aufforderung nicht nachkommen sollte. Außerdem ordnete sie die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Beurteilung, ob Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abgeführt worden seien, sei die Durchführung der Betriebsprüfung mit der Prüfung der vorzulegenden Unterlagen unterlässlich. Das öffentliche Interesse überwiege die Interessen der Antragstellerin. Hiergegen legte die Antragstellerin am 03.05.2012 Widerspruch ein, über den bislang noch nicht entschieden wurde.
Am 10.05.2012 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Freiburg (SG) die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, eine Nachforderung sei nur rechtmäßig, wenn eine Beitragsschuld bestünde. Dies sei nicht der Fall. Es bestünden ernstliche Zweifel, ob die Leiharbeitnehmer aufgrund der Entscheidung des BAG einen Anspruch auf höhere Entgelte hätten. Die Entscheidung des BAG habe keine ex tunc Wirkung. Zudem könne sich die Antragstellerin auf Vertrauensschutz berufen. Das Rückwirkungsverbot sei betroffen. Schließlich müsse das Zuflussprinzip Beachtung finden. Da eine Nachforderung somit rechtswidrig sei, könne die Antragsgegnerin auch die Vorlage der Unterlagen nicht verlangen.
Mit Beschluss vom 22.05.2012 hat das SG den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, der Bescheid vom 30.03.2012 sei weder eindeutig rechtmäßig noch offenbar rechtswidrig. Daher sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Danach überwiege das öffentliche Interessen. Die Antragstellerin habe keine Umstände dargelegt, die es für sie unzumutbar erscheinen ließen, zunächst die Durchführung einer Betriebsprüfung abzuwarten, am Betriebsprüfungsverfahren mitzuwirken und schließlich dem Erlass des Prüfbescheids entgegenzusehen.
Am...