Entscheidungsstichwort (Thema)
Statthaftigkeit der Beschwerde gegen Kostengrundentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung in § 158 Abs 2 VwGO ist nicht über § 197a SGG im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar (ebenso LSG Berlin 28.04.2004 - L 6 B 44/03 AL ER = SGb 2005, 55; LSG Nordrhein-Westfalen 25.08.2003 - L 5 SB 25/02 KR - Breith 2003, 877 jeweils mwN; aA LSG Baden-Württemberg 17.10.2006 - L 5 KA 236/06 AK-B - juris; LSG Berlin 20.12.2004 - L 9 B 290/04 KR - juris; LSG für das Land Niedersachsen 06.10.2004 - L 3 B 79/03 KA = Breith 2005, 446 jeweils mwN).
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Klageverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
Die Kosten im Antrags- und Beschwerdeverfahren trägt die Beschwerdeführerin.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin war bei einer GmbH & Co. KG (Arbeitgeberin) beschäftigt. Diese zeigte der Beschwerdegegnerin am 23.05.2005 ihre Absicht an, mit Ablauf des 31.12.2005 149 Arbeitnehmer, darunter auch die Beschwerdeführerin, zu entlassen. Mit einem an die Arbeitgeberin gerichteten und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 07.06.2005 teilte die Beschwerdegegnerin der Firma mit, welche Entscheidung sie nach Prüfung der Entlassungsanzeige getroffen hat.
Gegen diesen Bescheid legte die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 20.06.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 27.01.2005 sei davon auszugehen, dass die Regularien der Massenentlassung zumindest auch im Interesse des zu kündigenden Arbeitnehmers zu beachten seien. Daraus ergebe sich ein Rechtsschutzinteresse der Betroffenen und insbesondere die Befugnis, soweit die Verwaltungsakte der Beschwerdegegnerin eine Drittbelastung zu Lasten der Betroffenen beinhalte, Rechtsmittel einzulegen. Gegen den Bescheid vom 07.06.2005 oder gegen jeden anderen Bescheid, der eine Freifrist für ihre Entlassung feststelle, lege sie deshalb Widerspruch ein. Die Widerspruchsstelle der Beschwerdegegnerin wies den Widerspruch der Beschwerdeführerin mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2005 als unzulässig ab.
Am 06.09.2005 hat die Beschwerdeführerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 07.06.2005 sowie den Widerspruchsbescheid vom 05.08.2005 aufzuheben und festzustellen, dass die Massenentlassungsanzeige der Arbeitgeberin unwirksam war (Schriftsatz vom 06.09.2005). Mit Schreiben vom 07.12.2005 hat die Beschwerdeführerin dann das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem sie sich im Arbeitsrechtsstreit mit ihrer Arbeitgeberin geeinigt hatte. Sie hat beantragt, der Beschwerdegegnerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Mit Beschluss vom 27. Juni 2006 hat das SG folgendes Entscheidung getroffen: „Die Beklagte hat der Klägerin keine Kosten zu erstatten.“ In den Gründen der auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützten Entscheidung hat es die Ansicht vertreten, dass der Beschwerdeführerin für ihre Klage keine Klagebefugnis zugestanden habe. Der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde der Beschwerdeführerin hat das SG nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist statthaft und zulässig. Sie ist aber unbegründet. Die Kosten des Klageverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.
Gegen Kostengrundentscheidungen eines Sozialgerichts, die auf der Grundlage von § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergangen sind, ist nach § 172 Abs. 1 SGG die Beschwerde statthaft. Dies gilt nach Ansicht des Senats auch dann, wenn das Beschwerdegericht der Auffassung ist, dass sich die Kostengrundentscheidung nicht nach § 193 SGG, sondern nach § 161 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) richtet. Zwar ist nach § 158 Satz 2 VwGO die Entscheidung des SG über Kosten unanfechtbar, wenn - wie hier - eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist. Diese Regelung ist nach Ansicht des Senats aber nicht über § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar (ebenso LSG Berlin 28.04.2004 - L 6 B 44/03 AL ER - juris; LSG Nordrhein-Westfalen 25.08.2003 - L 5 SB 25/02 KR - Breith 2003, 877 jeweils mwN; aA LSG Baden-Württemberg 17.10.2006 - L 5 KA 236/06 AK-B - juris; LSG Berlin 20.12.2004 - L 9 B 290/04 KR - juris; LSG für das Land Niedersachsen 06.10.2004 - L 3 SB 79/03 KA - juris jeweils mwN). Für diese Auffassung spricht, dass damit ein kaum zu begründende unterschiedliche Verfahrensweise zwischen Verfahren nach den §§ 183, 193 SGG (Pauschalgebührenregelung) einerseits und § 197a SGG (Gerichtsgebührenregelung) andererseits vermieden wird.
Auch die Gegenmeinung räumt ein, dass die Anwendung von § 158 Abs. 2 VwGO zu Wertungswidersprüchen führt, hält aber den Wortlaut des § 197a SGG für so eindeutig, dass es nicht möglich sei, einzelne Bestimmungen der §§ 154 bis 162 VwGO grundsätzlich von der entsprechenden Anwendung auszunehmen (so z.B. LSG Baden-Württemberg 5. Senat ...