Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Genehmigung einer Versorgung mit Cannabisblüten nach § 31 Abs. 6 SGB V bedarf einer vertragsärztlichen Verordnung.

Ein Apotheker erwirbt keinen Vergütungsanspruch für die Abgabe von Cannabisblüten, wenn er sich nicht bei jeder Abgabe die notwendige Genehmigung der Erstverordnung vorlegen lässt.

Daraus folgt aber nicht, dass die nach erteilter Genehmigung der Erstverordnung ausgestellten Folgeverordnungen exakt der Erstverordnung entsprechen müssen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 17.09.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Versorgung mit Cannabis aufgrund einer privatärztlichen Verordnung.

Der 1977 geb Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin als Bezieher von Arbeitslosengeld II gesetzlich krankenversichert. Bereits am 18.11.2017 hatte er einen “Antrag auf Kostenübernahme für Cannabinoiden nach § 31 Abs. 6 SGB V„ gestellt. Dem Antrag war eine ärztliche Bescheinigung des Privatarztes Dr. G., R., beigefügt. Danach sollten dem Antragsteller wegen einer Spondylitis ankylosans (HLA-B 27-negativ) und eines chronischen Schmerzsyndroms Medizinal-Cannabisblüten (Inhaltsstoff THC), Tagesdosis 3g, Art der Einnahme: Inhalation, verordnet werden. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 23.11.2017 und Widerspruchsbescheid vom 05.12.2017 ab mit der Begründung, nach ihrem Kenntnisstand sei Dr. G. ausschließlich als Privatarzt tätig und besitze keine Zulassung als Vertragsarzt. Den anschließend beim Sozialgericht Freiburg (SG) gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 16 KR 4506/17) wies das SG mit Beschluss vom 13.12.2017 zurück.

Am 28.08.2018 reichte der Antragsteller bei der Antragstellerin die Rechnung einer Apotheke und ein Privatrezept von Dr. G. über die Verordnung von Cannabis ein. Mit Schreiben vom 30.08.2018 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass Dr. G. zur vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen sei und schon deshalb eine Kostenerstattung ausscheide.

Am 04.09.2018 hat der Antragsteller beim SG Anzeige gegen die Antragsgegnerin erstattet und den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Die Antragsgegnerin ist dem vorläufigen Rechtsschutzbegehren entgegengetreten.

Das SG hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 17.09.2018 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der zulässige Antrag sei in der Sache nicht begründet. Nach § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteil nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlange grundsätzlich eine wenigstens summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) seien glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 ZPO); dabei seien die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz wiegten. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen seien regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.

In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe und Grundsätze fehle es im vorliegenden Fall sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch einem Anordnungsgrund. Nach § 31 Abs 6 SGB V hätten Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen könne, eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome bestehe. § 31 Abs 6 SGB V setze entgegen der Auffassung des Antragstellers in jedem Falle eine vertragsärztliche Verordnung gemäß § 73 Abs 2 Nr 7 SGB V auf dem dafür vorgesehenen Formblatt voraus (vgl LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.9.2017 - L 11 KR 3414/17 ER-B -juris, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.6.2017, L 11 KR 2076/11 ER-B). Diese Voraussetzungen erfülle die privatärztliche Verordnung durch Dr. G. nic...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge