Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Beschäftigung in einer WfbM. Mehrkosten aufgrund eines besonderen Betreuungsaufwands. Leistungserbringungsrecht. Sicherstellung der individuellen Bedarfsdeckung durch den Sozialhilfeträger durch Übernahme der vereinbarten Vergütung bei Zugehörigkeit des Leistungsberechtigten zu dem vom Leistungsangebot erfassten Personenkreis
Orientierungssatz
1. Der Leistungserbringer erhält für die Deckung des individuellen Hilfebedarfs eines Hilfeempfängers das mit dem Sozialhilfeträger ausgehandelte, für den typisierten Bedarf der abstrakt festgelegten Gruppe von Hilfeempfängern angemessene Entgelt. Durch die Übernahme dieses vereinbarten Entgelts stellt der Sozialhilfeträger die individuelle Bedarfsdeckung des einzelnen Hilfeempfängers sicher.
2. Gehört der Hilfeempfänger zu dem vom Leistungsangebot des Einrichtungsträgers erfassten Personenkreis, so dass dieser zu seiner Aufnahme und Betreuung zum vereinbarten Entgelt verpflichtet ist, darf der Sozialhilfeträger eine höhere als die vereinbarte Vergütung nach den Regelungen der §§ 75 Abs 3, 76 SGB 12 nicht übernehmen.
Normenkette
SGB XII § 75 Abs. 3, § 76 Abs. 1 Sätze 1-3, Abs. 2, § 19 Abs. 3, §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1, § 79 Abs. 1; SGB IX § 55
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. August 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gem. §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Die am 29. Juni 1994 geborene Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, ab September 2014 vorläufig “die Kosten eines Einzelfallhelfers für den Förder- und Betreuungsbereich H. in L. zu gewähren„. Aus dem weiteren Vorbringen ergibt sich, dass es sich bei dem “Einzelfallhelfer„ nicht um eine Person handelt, mit der die Antragstellerin selbst eine dienstvertragliche oder ähnliche Vereinbarung geschlossen hat oder schließen will. Vielmehr sollte die Betreuungsperson von der genannten Einrichtung, deren Träger der beigeladene Verein ist, gestellt werden. Während des laufenden Verfahrens hat dementsprechend die Einrichtung (im Folgenden A.) nach eigenem Vorbringen bereits einen Arbeitsvertrag mit einer entsprechenden Kraft geschlossen. Die Kosten hierfür sollen - bei Aufnahme der Antragstellerin in die Einrichtung - dieser im Rahmen des privatrechtlichen Vertrages mit der Einrichtung als Zuschlag zu der nach §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vereinbarten Vergütung im Rahmen eines “Zuschlags„ i.H.v. € 82,67 je Abrechnungstag in Rechnung gestellt werden. Eine entsprechende zivilrechtliche Vereinbarung zwischen Antragstellerin und Einrichtung ist noch nicht geschlossen worden, aber bereits konkretisiert. Von der Übernahme dieser zusätzlichen Kosten für eine 1:1-Betreuung macht die Einrichtung die Aufnahme der Antragstellerin abhängig; diese hat dort also noch keine Aufnahme gefunden. Mit Bescheid vom 16. Juni 2014 (Bl. 1947 der Verwaltungsakte; vgl. auch Bescheid vom 28. Juli 2014, Bl. 1989 der Verwaltungsakte) hat der Antragsgegner die Übernahme der ab dem Aufnahmetag in den Förder- und Betreuungsbereich der A. anfallenden Vergütung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII bis zum 31. Juli 2015 “in Höhe der nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossenen Vergütungsvereinbarung„ bewilligt. Das mit dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgte Begehren der Antragstellerin (§ 123 SGG) ist mithin allein auf vorläufige Übernahme des Zuschlags i.H.v. € 82,67 je Abrechnungstag ab dem 1. September 2014 bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch den Antragsgegner gerade für den Förder- und Betreuungsbereich der A. gerichtet. Andere Ansprüche gegen diesen oder den Beigeladenen werden nicht geltend gemacht. Die Entscheidungsbefugnis des Gerichts wird hierdurch begrenzt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung....