Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. stationäre Unterbringung. Klage auf höhere Leistungen. Leistungserbringungsrecht. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis. Bestehen einer wirksamen Zahlungsverpflichtung des Leistungsberechtigten gegenüber dem Leistungserbringer aus zivilrechtlichem Vertrag. Unwirksamkeit einer Zusatzvereinbarung. öffentlich-rechtliche Überlagerung. Verpflichtung zu Verhandlungen mit dem Sozialhilfeträger. sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Berufung des beigeladenen Leistungserbringers. fehlende materielle Beschwer
Leitsatz (amtlich)
1. Die Berufung eines beigeladenen Leistungserbringers gegen ein klageabweisendes Urteil in dem Rechtsstreit des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger um die Bewilligung höherer Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB 12 ist mangels materieller Beschwer unzulässig.
2. Voraussetzung für die Übernahme einer Vergütung auf dem Wege des Schuldbeitritts durch den Sozialhilfeträger als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB 12 ist, dass der Hilfebedürftige dem Leistungserbringer in dem privatrechtlichen Erfüllungsverhältnis überhaupt ein Entgelt schuldet.
3. Das privatrechtliche Erfüllungsverhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer wird durch die zwischen dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeträger bestehende Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlich überlagert. Der zivilrechtliche Vertrag zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer muss den nach § 75 Abs 3 SGB 12 geschlossenen Vereinbarungen entsprechen. Der Leistungserbringer ist nicht berechtigt, im zivilrechtlichen Erfüllungsverhältnis zu Lasten des Hilfebedürftigen eine Erhöhung der Vergütung oder eine zusätzliche Vergütung zu verlangen. Der Leistungserbringer trägt die Gefahr, dass er bei sehr offenen bzw undifferenzierten Leistungstypbeschreibungen in einer Leistungsvereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB 12 auch Leistungsberechtigte mit hohem Betreuungsaufwand aufzunehmen hat, ohne dass hierfür eine den Aufwendungen im Einzelfall entsprechende Vergütung gewährt wird.
Orientierungssatz
1. Die für das Rechtsmittel der Berufung eines Beigeladenen erforderliche materielle Beschwer liegt vor, wenn er geltend machen kann, dass er aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Urteils bzw Gerichtsbescheids unmittelbar in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt ist. Dass der Beigeladene in seinen berechtigten Interessen berührt wird, genügt nicht.
2. Entspricht die Höhe der Vergütung nicht dem Betreuungsaufwand, hat der Leistungserbringer die Pflicht, auf den Abschluss einer Vereinbarung oder die Ergänzung einer bestehenden Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger hinzuwirken.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 3. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Feststellungsklagen der Klägerin vom 25. Juni 2015 werden abgewiesen.
Die Berufungen der Beigeladenen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 3. März 2011 werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit ist die Übernahme der Kosten einer Zusatzvergütung neben der Vergütung entsprechend Leistungstyp I.2.1 „Stationäre Hilfen (Wohnen ohne tagesstrukturierendes Angebot) für geistig und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene“ und Leistungstyp I.4.5a „Tagesstrukturierende Angebote für Menschen mit Behinderungen im Förder- und Betreuungsbereich“ (FuB) als Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit ab 1. Juli 2006.
Die 1971 geborene Klägerin ist infolge einer frühkindlichen Hirnschädigung mit Intelligenzminderung und frühkindlichem Autismus mit ausgeprägtem Problemverhalten (Selbst- und Fremdgefährdung) erheblich behindert. Ihre Fähigkeit zur Rücksichtnahme bzw. zu einem sozial adäquaten Verhalten ist ebenso wie ihre Kommunikationsfähigkeit (unklares Sprachverständnis, kein Sprechen, kaum Gestik und Mimik) eingeschränkt (Gutachten Dr. D., Gesundheitsamt E. vom 30. Mai 2000; Gutachten Dr. Sch. vom 5. Januar 2004, Entlassbericht des Epilepsiezentrum vom 8. Oktober 2011 nebst psychosozialem Bericht). Sie zeigt u.a. Bewegungsdrang sowie Schlagen und Klopfen von Menschen und Gegenständen. Sie bedarf der Hilfe, Unterstützung, Anleitung und Überwachung insbesondere in den Bereichen Körperpflege, Mobilität, Ernährung, Motivation, Tagesstruktur und Beschäftigung, Kommunikation, Wahrnehmung und Verhalten (Attest Dr. M. vom 9. August 2013 und Bericht der Diakonie vom 18. April 2013).
U.a. in den Aufgabenbereichen Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung, Sorge für die Gesundheit, Heimangelegenheiten wurde für die Klägerin ihre Mutter als Betreuerin bestellt.
Die Klägerin befand sich stationär im Heil- und Erziehungsinstitut für seelenpflegebedürftige Kinder S. e. V. (Februar 1979 bis August 1988), in der Heim-Sonderschule für Menschen mit Behi...