Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragsbemessung. freiwilliges Mitglied. selbstständig Tätiger. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB 4. Zulässigkeit eines horizontalen Verlustausgleichs bei der Berechnung der Einkünfte im Rahmen der endgültigen Beitragsfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Soweit nach § 3 Abs 1a BeitrVerfGrds SelbstZ (juris: SzBeitrVfGrs) Einnahmen eines selbständig Erwerbstätigen, die steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit behandelt werden, als Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB IV gelten, ist bei der Berechnung der Einkünfte im Rahmen der endgültigen Beitragsfestsetzung ein horizontaler Verlustausgleich zulässig.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 24. April 2024 abgeändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 7. November 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2024 wird angeordnet, soweit darin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für das Jahr 2021 aus beitragspflichtigen Einnahmen von mehr als 45.602,00 € festgesetzt werden.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerinnen tragen ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen.
Gründe
1. Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere nicht ausgeschlossen nach§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m.§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG . Denn der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Vollziehbarkeit einer endgültigen Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2021 (resultierender Beitragsrückstand in Höhe von insgesamt 8.462,15 €). Unter Berücksichtigung des Begehrens des Antragstellers, die Beiträge nur nach dem zu versteuernden Einkommen festzusetzen (14.472,00 € statt der herangezogenen 54.529,00 €), übersteigt der Beschwerdewert 750,00 €.
2. Zu Recht ist das Sozialgericht Freiburg (SG) im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass das Begehren des Antragstellers auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ) seiner Klage gegen den Bescheid vom 7. November 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2024 gerichtet ist, soweit darin die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für das Jahr 2021 endgültig festgesetzt wurden. Die Beschränkung auf diese (rückwirkende) endgültige Beitragsfestsetzung ergibt sich unmittelbar aus dem in der Klageschrift formulierten Antrag („der Beitragsberechnung des Klägers für das Jahr 2021“). Konkret ist das Begehren auf die Festsetzung dieser Beiträge nach der „gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unter der Heranziehung des Steuerrechts (zu versteuerndes Einkommen)“ gerichtet.
3. Die Beschwerde ist nur teilweise begründet. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 7. November 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2024 ist insoweit anzuordnen, als die Beiträge aus jährlichen beitragspflichtigen Einnahmen von mehr als 45.602,00 € festgesetzt wurden. Im Übrigen hat das SG den Antrag zu Recht abgelehnt.
Es hat im angefochtenen Beschluss die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung unter besonderer Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung, die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Beitragsfestsetzungen grundsätzlich entfallen zu lassen (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG ), zutreffend dargestellt und zu Recht sowohl ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festsetzung unter Nichtberücksichtigung der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als auch eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte verneint. Der Senat nimmt insoweit nach eigener Prüfung auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG ).
a) Dass die Beklagten der endgültigen Beitragsfestsetzung für 2021 die sich aus dem Einkommensteuerbescheid 2021 ergebenden - positiven - Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen zugrunde gelegt haben, ohne diese mit den - negativen - Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu „verrechnen“, begegnet keinen rechtlichen Bedenken, sondern entspricht den rechtlichen Vorgaben unter Einschluss der hierzu ergangenen Rechtsprechung.
Für freiwillige Mitglieder - wie vorliegend den Antragsteller - wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 1, 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]). Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Be...