Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. selbst genutztes Hausgrundstück. Schuldzinsen. Darlehen für Einbauküche

 

Leitsatz (amtlich)

1. Schuldzinsen sind Aufwendungen für Unterkunft, wenn sie als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Last zu tragen sind. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob es sich um Schuldzinsen für Darlehen handelt, die zur Bebauung eines Hausgrundstücks, zum Kauf eines Eigenheims oder für eine Sanierung und Modernisierung eines schon im Eigentum stehenden Eigenheimes aufgenommen werden.

2. Schuldzinsen, welche für ein Darlehen zum Kauf einer Einbauküche zu zahlen sind, sind keine Aufwendungen für Unterkunft.

3. Schuldzinsen sind nur insoweit als Aufwendungen für Unterkunft zu übernehmen, soweit diese unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls angemessen sind.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 26. April 2006 abgeändert.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig vom 14. März 2006 bis längstens 31. Dezember 2006 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 206,31 € monatlich zu gewähren.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller ein Drittel der außergerichtlichen Kosten für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig und im tenorierten Umfang auch sachlich begründet.

Der Antragsteller hat entgegen dem angegriffenen Beschluss des Sozialgerichts einen im Wege der einstweiligen Anordnung durchsetzbaren Anspruch darauf, dass der Antragsgegner ab 14. März 2006, dem Beginn der Rechtshängigkeit des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, vorläufig verpflichtet wird, ihm zu den bis 31. Dezember 2006 bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 212,69 € monatlich weitere Kosten für Unterkunft in Höhe von monatlich 206,31 € zu gewähren.

Dem Antragsteller, der mit seiner zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Ehefrau in dem in deren Eigentum stehenden Haus mit nach seinen Angaben 96,1 qm Wohnfläche wohnt, hat der Antragsgegner mit den Bescheiden vom 7. April 2006 und 26. Juli 2006 für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis 31. Dezember 2006 212,69 € monatlich als Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt. Es handelt sich dabei nach den in den Verwaltungsakten enthaltenen internen Vermerken um die Neben- oder Betriebskosten mit monatlich 94,59 € und die Heizkosten in Höhe von 118,10 € monatlich. Als Kosten der Unterkunft macht der Antragsteller noch die monatlichen Zinsen für Darlehen geltend, die er und seine Ehefrau einer Bank und zwei Bausparkassen schulden und die für die von 1996 bis 2000 durchgeführte Sanierung sowie Modernisierung des im Jahr 1765 erbauten und im Jahr 1966 instandgesetzten, der Ehefrau von ihrer Mutter geschenkten Hauses benötigt worden sind. Die monatlichen Darlehenszinsen belaufen sich seit März 2006 auf zwischen 440,50 € und 446,97 €; die ursprüngliche Darlehenssumme betrug 204.000 DM. Der Antragsgegner lehnt es in beiden Bescheiden - dort allerdings ohne nähere Begründung - sinngemäß ab, die Schuldzinsen ganz oder teilweise zu übernehmen, weil nach seiner Auffassung Schuldzinsen für wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen nicht als Kosten der Unterkunft übernommen werden müssten. Das Sozialgericht ist dem im Ansatz gefolgt; der Antragsgegner müsse als Kosten der Unterkunft nur Zinsen für solche Kredite übernehmen, die konkret zur Erhaltung des sanierungsbedürftigen Hauses verwendet worden seien, was sich aber derzeit nicht klären lasse. Wegen fehlender existenzieller Nachteile hat es außerdem den Anordnungsgrund verneint. Während der Antragsteller im Eilrechtsschutz vor dem Sozialgericht unter Einschluss der Tilgungsleistungen 1.151,54 € monatlich als Kosten der Unterkunft und Heizung begehrt hat, hat er bereits mit dem am 28. April 2006 - zeitgleich mit dem am selben Tag hinausgegangenen Beschluss - eingegangenen Schriftsatz als Mindestbegehren die vorläufige Gewährung von monatlich 419 € für Unterkunft und Heizung genannt und hierauf nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Beschwerde beschränkt.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ≪ZPO≫) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus (zum Folgenden vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B m.w.N.). Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorwegnehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwa...

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