Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe für die Anschaffung eines Lebensmittelvorrats
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf Beihilfen für die Anschaffung eines Lebensmittelvorrats besteht weder in Form einer abweichenden Festsetzung des Regelbedarfs noch in Form einmaliger Bedarfe oder als Hilfe in sonstigen Lebenslagen.
Normenkette
SGB XII § 27 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 42 Nr. 1, § 73; SGG § 54 Abs. 1, 4, § 78 Abs. 1 S. 1, §§ 95, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 202 S. 1; ZPO § 5; GG Art. 1
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22. November 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung einmaliger Beihilfen zur Anschaffung eines Gefrierschranks und eines Lebensmittelvorrats.
Der 1951 geborene und alleine wohnende Kläger bezieht eine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem derzeitigen monatlichen Zahlbetrag von 550,53 EUR (Bl. 596 elektr. Verw.-Akte) und erhält ergänzend - nach seinem Umzug aus dem Landkreis E in den O - seit dem 1. Juli 2020 laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches (SGB) Zwölftes Buch (XII) von dem Beklagten.
Am 16. Mai 2022 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für 80 l Getränke und 60 kg Lebensmittel als „Kriegsnotvorsorge“ in Höhe von 150 EUR bzw. 250 EUR sowie für die Anschaffung eines Gefrierschrankes in Höhe von 280 EUR. Daneben beantragte er die Gewährung, gegebenenfalls in Naturalien, eines Dreimonatsvorrats an Jodtabletten. Die Bundesregierung und „die tragenden Nazi-Parteien“ befänden sich in einem unerklärten Angriffskrieg gegen die Russische Föderation und die Bundesregierung trage dem Kriegsnotstand Rechnung durch Aufruf an die Bevölkerung, eine Notration zum Überleben anzulegen. Durch Kriegsknappheit erhöhe sich der Wert täglich. Die direkte Unterstützung des „Hitler-K und Nazis Z“ und die Aufrufe zur Unterwerfung des russischen Volkes berechtigten zum Erstschlag der russischen Föderation. Die Bedrohung für den Kläger sei daher konkret und unmittelbar gegeben.
Mit Bescheid vom 31. Mai 2022 lehnte der Beklagte den Antrag vom 16. Mai 2022 ab, da eine Rechtsgrundlage nicht gegeben sei.
Mit am 7. Juni 2022 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben legte der Kläger unter Beifügung u.a. einer „Eidesstattliche[n] Versicherung“ vom 29. Mai 2022 gegen den Bescheid vom 31. Mai 2022 Widerspruch ein. Der Beklagte sei aus Art. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit §§ 31, 73 SGB XII verpflichtet, den Kläger sofort und ohne Abwarten in die Lage zur Selbsthilfe durch Erstausstattung zu versetzten. Er habe bereits zwingend 283 EUR monatlich anzusparen - für Kleidung 30 EUR, für Lebensmittel und Getränke (Bedarf als Kranker) 30 EUR, für Möbel und Hausgeräte (Ersetzung) 30 EUR, für Hygiene 15 EUR, für Strom 20 EUR, für ärztliche Versorgung/Vorsorge und Zuzahlungen (Urologe u.a.) 25 EUR, für jährliche Zuzahlungen B Krankenkasse 5 EUR, für Zahnersatz 28 EUR und für öffentliche Gebühren 15 EUR. Nicht nur zur Kriegsvorsorge, wozu die Bundesregierung die Bevölkerung aufrufe, sei die Bevorratung unverzichtbar zum Erhalt des Lebens und der Gesundheit. Er könne an seinem Wohnort im O, aber auch im nahen Elsass, einen erheblichen Teil täglich benötigter Lebensmittel und Getränke aufgrund von Störungen und dem Kollaps der Lieferketten, der Einstellung des Verkaufes, der unerschwinglichen Verteuerungen und der vorgenommenen Rationierungen nicht mehr erhalten. Eine Bevorratung sei derzeit die einzige Möglichkeit der notwendigen Nahrungssicherstellung.
Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 21. Juni 2022 und diesbezüglicher Stellungnahme des Klägers vom 23. Juni 2022 wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2022 zurück. Maßgeblich für Leistungen für Bedarfe der Wohnungserstausstattung einschließlich Haushaltsgeräten gem. § 31 SGB XII sei der Bedarf, der sich auf die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen beziehe, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichten, wobei nur eine angemessene Ausstattung zu berücksichtigen sei, die den grundlegenden Bedürfnissen genüge und im unteren Segment des Einrichtungsniveaus liege. Für die Lagerung von Lebensmitteln sei nach gängiger Rechtsprechung ein Kühlschrank völlig ausreichend. Auch ein Härtefall liege insoweit bei dem Kläger nicht vor. Ein Anspruch für den geltend gemachten Mehrbedarf durch eine Bevorratung mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln bestehe nicht. Mit den Öffnungsklauseln des § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII und § 37 Abs. 1 SGB XII hätten die Leistungsträger ein rechtliches Instrument an die Hand bekommen, um auf besondere Bedarfssituationen reagieren zu können, die als strukturelle Mängel der festgesetzten Regelbedarfe aufträten bzw. in denen ein von den Regelbe...