Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kryokonservierung. kein Kostenerstattungsanspruch für Maßnahmen vor Inkrafttreten der KryoRL
Orientierungssatz
Es besteht kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für Maßnahmen der Kryokonservierung, wenn diese vor Inkrafttreten der "Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder Keimzellgewebe sowie entsprechende medizinische Maßnahmen wegen keimzellschädigender Therapie" (Kryo-RL - juris: KryoRL) am 20.2.2021 erbracht wurden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.08.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die beklagte Krankenkasse die mit der ≪noindex≫ Kryokonservierung der Eizellen der Klägerin zusammenhängenden und bereits angefallenen Kosten iHv insgesamt 3.701,04 € zu erstatten und die Kosten für die noch laufende Lagerung zu übernehmen hat.
Die 1994 geborene Klägerin war bis zum 05.09.2019 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Bei ihr wurde am 13.05.2019 histologisch das Vorliegen eines Hodgkin-Lymphoms bestätigt, eine Chemotherapie wurde am 17.06.2019 begonnen. Die Klägerin begab sich daher zuvor ab dem 03.06.2019 in Behandlung von O1, in L1. Am 14.06.2019 wurden ihr von B1 (Ambulantes OP Zentrum S1 24) Eizellen entnommen und in der Folge kryokonserviert .
Unter Vorlage des histologischen Berichtes der Uniklinik D1 vom 13.05.2019, der Rechnung von B1 vom 17.06.2019 iHv 262,28 € und zweier von O1 ausgestellte und am 03.06.2019 bzw 11.06.2019 in der M1-Apotheke eingelöste Rezepte vom 03.06.2019 über 1.322,63 € (8x! Bemfola 225 I.E/0.375ml PEN N1 1 St, Cetrotide 0.25mg PLI N2 7 St, Triptofem FER 2 St) und vom 11.06.2019 iHv 116,50 € (Bemfola 225 I.E/0.375ml PEN N1 1 St) beantragte sie mit Schreiben vom 22.06.2019, bei der Beklagten eingegangen am 26.06.2019, die Kostenübernahme verbunden mit dem Hinweis, dass diese Kosten bereits entrichtet seien, Folgekosten würden noch durch das Einfrieren und ggf Einsetzen der Eizellen entstehen. Der Gesetzgeber habe die Kryokonservierung im Rahmen von § 27a Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bereits positiv geregelt.
Mit Bescheid vom 01.07.2019 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten mit der Begründung ab, dass die Kryokonservierung zwar bereits in § 27a Abs 4 SGB V aufgenommen worden sei, der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) jedoch noch keine konkretisierenden Maßnahmen getroffen habe (Einzelheiten zu den Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahme und Abrechnung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM)). Aufgrund der fehlenden Konkretisierung in der Richtlinie könne eine Behandlung derzeit nicht zu Lasten der Krankenversicherung übernommen werden.
Die Klägerin erhob am 09.07.2019 Widerspruch mit der Begründung, dass eine Übernahme zu erfolgen habe, da das Gesetz ja bereits existiere. Insgesamt forderte sie nunmehr Kosten iHv 3.161,04 €. Gleichzeitig legte sie eine Rechnung des Kinderwunsch-Zentrums L1 vom 01.07.2019 für die Einlagerung der Eizellen iHv 135,00 € für die Zeit vom 14.06.2019 bis 13.12.2019 sowie eine Arztrechnung von O1 vom 25.06.2019 über insgesamt 1.324,63 € vor.
Die Beklagte erläuterte der Klägerin die Rechtslage mit Schreiben vom 17.07.2019 und wies den Widerspruch anschließend mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2019 zurück. Der GBA bestimme in Richtlinien nach § 92 SGB V die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen nach § 27a Abs 1, 4 SGB V. Er habe die entsprechenden Richtlinien über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung allerdings noch nicht angepasst, ein entsprechendes Beratungsverfahren laufe. Solange die entsprechende Richtlinienänderung nicht in Kraft sei, könne die Kryokonservierung nicht von der Kasse übernommen werden. Die Leistungen könnten auch nicht im Vorgriff auf einen zu erwartenden Beschluss des GBA übernommen werden.
Hiergegen richtet sich die am 18.10.2019 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage, die die Klägerin im Wesentlichen damit begründet hat, dass ein Leistungsanspruch nach § 27a Abs 4 SGB V bestehe. Die Beklagte hätte das Verfahren ruhen lassen müssen, bis die betreffende Richtlinie in Kraft getreten sei. Zudem sehe die nunmehr am 16.07.2020 erlassene Richtlinie des GBA (Richtlinie zur Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder Keimzellgewebe sowie entsprechende medizinische Maßnahmen wegen keimzellschädigender Therapie (Kryo-RL)) in § 7 auch keine zeitliche Grenze vor, so dass die Klägerin auch eine Erstattung vor Erlass der Richtlinie beanspruchen könne. Auch habe es sich bei der Kryokonservierung um eine unaufschiebbare Angelegenheit gehandelt, insbesondere sei sie aufgrund der schockierenden Krebsdiagnose psychisch nicht in der Lage gewesen, die Beklagte vorab einzuschalten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Für einen Anspruch auf Kostenerstattung sei § 13 Abs 3 SG...