Entscheidungsstichwort (Thema)
Infektionskrankheit. haftungsbegründende Kausalität. Krankenschwester. Tuberkulose
Orientierungssatz
1. Zur Nichtanerkennung einer Tuberkuloseerkrankung einer Krankenschwester als Berufskrankheit gemäß BKVO Anl 1 Nr 3101 mangels Nachweis einer über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr während der Krankenhaustätigkeit.
2. Die vom BSG (vgl BSG vom 30.5.1988 - 2 RU 33/87 = NZA 88, 823) für den Fall der Hepatitis aufgestellten Beweisregeln, wonach es ausreicht, wenn der Versicherte während der Ansteckungszeit in einer Einrichtung tätig war, in der ein erhöhtes Infektionsrisiko bestand bzw angenommen werden kann, daß regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der Patienten unerkannt an Hepatitis erkrankt ist, können wegen des unterschiedlichen Krankheitsverlaufs nicht so auf den Fall der Tbc übertragen werden.
Tatbestand
Streitig ist, ob die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen Folgen einer Berufskrankheit (BK) sind und ihr deshalb Verletztenrente zusteht.
Die am 29.12.1950 geborene Klägerin machte nach dem Verlassen des Gymnasiums mit Obersekundareife vom 15.08. bis 15.09.1968 ein Haushaltspraktikum im Krankenhaus Bad M.. Vom 01.10.1968 bis 30.09.1971 besuchte sie die Krankenpflegeschule der Diakonissen-Mutterhäuser "Friedenswarte" in Bad E. gleichzeitig wurde sie im Krankenhaus "Diakonissenheim" in Bad E. in verschiedenen Abteilungen in der Krankenpflege eingesetzt. Vom 01.10.1971 bis 31.12.1973 arbeitete sie als Krankenschwester auf einer gynäkologischen Station des Stadtkrankenhauses R. und vom 01.01.1974 bis 31.12.1975 im Kreiskrankenhaus H. (Taunus) als stellvertretende Stationsschwester auf einer Station der Chirurgischen Abteilung, der eine Intensivpflegeeinheit mit 4 Betten zugeordnet war. Vom 01.02.1976 an war die Klägerin als Krankenschwester auf der Chirurgischen Abteilung des (damals) Städtischen Krankenhauses in W. tätig, und zwar vom 01.02. bis 02.08.1976 im Tagdienst auf einer 38-Betten-Station. Nach einer Zeit des Mutterschutzes vom 03.08. bis 09.11.1976 und anschließendem Erholungsurlaub bis 30.11.1976 arbeitete die Klägerin ab 01.12.1976 im Nachtdienst auf einer 24-Betten-Station dieser Abteilung. In dieser Zeit war die Klägerin vom 28.11. bis 22.12.1979 wegen eines Lendenwirbelsäulensyndroms arbeitsunfähig krank. Am 22.04.1980 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis zum 30.06.1980.
Seit 11.05.1980 war die Klägerin arbeitsunfähig krank (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Urologen Dr. N. in W. vom 13.05.1980). Wegen Verdachts auf ein Gallenleiden wies Dr. G., Internist in W., die Klägerin zur stationären Behandlung in das Städtische Krankenhaus W. ein, wo sie vom 23.05. bis 06.06.1980 in der Chirurgischen Abteilung stationär behandelt wurde. Aufgrund eines auffälligen Lungenbefundes wurden verschiedene Untersuchungen zur Abklärung einer Tuberkulose (Tbc) durchgeführt, die zunächst keinen spezifischen Keimnachweis ergaben, weshalb differentialdiagnostisch eine Viruspneumonie in Erwägung gezogen wurde (Arztbrief von Prof. Dr. K., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses W., vom 18.06.1980). Das Pleurapunktat vom 04.06.1980 zeigte dann am 22.07.1980 eine positive Kultur. Bereits am 10.07.1980 war die Klägerin durch Lungenarzt L. in W. wegen rechtsseitiger Pleuritis exsudativa tuberculosa in die Schwarzwald-Kurklinik der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in S. eingewiesen worden. Zur Abklärung von Rückenbeschwerden wurde die Klägerin am 14.10.1980 dem Orthopäden Dr. R. in P. vorgestellt, der den Verdacht auf Spondylitis tuberculosa äußerte. Die Klägerin wurde deshalb am 07.11.1980 in das Rehabilitationskrankenhaus K.-L. verlegt, wo am 26.11.1980 eine ventrale Spondylodese vom Brustwirbelkörper (BWK) 8 bis BWK 12 bzw. L 1 durchgeführt wurde. Die Klägerin wurde aus der stationären Tbc-Behandlung, die zuletzt wieder in der Schwarzwald-Kurklinik in S. stattfand, am 15.07.1981 entlassen und für ein Jahr Arbeitsunfähigkeit attestiert.
Der Vertreter des Leitenden Arztes der Schwarzwald-Kurklinik erstattete zusammen mit Stationsarzt Dr. K. dem Beklagten unter dem 15.07.1980 eine Anzeige über eine BK mit der Begründung, die Klägerin habe im Städtischen Krankenhaus W. Kontakt mit einer Patientin H. gehabt, bei der Verdacht auf Tbc bestanden habe. Der Beklagte zog von der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) in W. ein Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin ab 01.10.1968 bei. Das Städtische Krankenhaus W. lehnte mit Schreiben vom 23.10.1980 die Erstattung der vom Beklagten angeforderten Anzeige einer BK durch den Unternehmer ab, weil nach Auskunft des Leitenden Arztes der Chirurgischen Abteilung während der Beschäftigungszeit der Klägerin dort kein Tbc-Fall zur Behandlung bzw. registriert gewesen sei. Die Klägerin gab gegenüber dem Beklagten an, bei den seit 1973 durchgeführten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sei sie als geeignet beurteilt worden. Ihres Wissens habe es im Städtischen Krankenhaus W. während ihrer...