Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. innerer Zusammenhang. privater Bereich. Arbeitsvertrag. persönliche Betreuung. Besuch eines Freizeitparks
Orientierungssatz
Bei einer Assistentin für Gymnastik, Sport und Freizeit, die in erster Linie für die Erhaltung der körperlichen Fitness des betagten Geschäftsführers zu sorgen hatte, ihn auch bei seinen Freizeitaktivitäten zu begleiten hatte, besteht jedenfalls dann kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn in einem Freizeitpark gemeinsam als touristische Attraktivität ein Fahrgeschäft besucht wird, dessen besonderer Reiz sich durch die Simulation des freien Falls in der Darbietung eines nur wenige Sekunden dauernden Nervenkitzels bei den Fahrgästen erschöpft. Die Teilnahme an einer derartigen Fahrt ist der unversicherten Privatsphäre zuzurechnen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die am ... 1961 geborene Klägerin erlernte nach dem Besuch der Realschule zunächst den Beruf einer Industriekauffrau. Anschließend besuchte sie das Gymnasium und machte nach dem Abitur eine Ausbildung (Umschulung) zur Krankengymnastin. In diesem Beruf arbeitete sie -- mit Unterbrechungen -- von Mai 1989 bis September 1993.
Im März 1994 meldete sie sich auf ein Zeitungsinserat, in dem eine "Assistentin für Gymnastik, Sport und Freizeit" gesucht wurde. Diese Bewerbung führte dann zum Abschluss eines Anstellungsvertrages zwischen der Firma ... AG, ..., ... und der Klägerin. Mit diesem Vertrag wurde die Klägerin von der Firma ... zum 01.07.1994 als Dolmetscherin und Übersetzerin eingestellt (§ 1 des Vertrages). Die Pflichten der Klägerin wurden in § 2 des Vertrages wie folgt geregelt: "Aufgabengebiet und Obliegenheiten des Arbeitnehmers werden durch persönliche Einweisung oder schriftliche Weisungen geregelt; letztere sind Bestandteil dieses Vertrages. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrauensverhältnisses, seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Firma zu stellen sowie sich stets für die ordentliche und wirtschaftliche Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben einzusetzen. Es bleibt der Firmenleitung vorbehalten -- im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer -- sein Aufgabengebiet innerhalb des Unternehmens entsprechend seinen Kenntnissen und Fähigkeiten zu ändern oder zu erweitern, wenn dies im Interesse der Firma geboten erscheint." Für Änderungen und Ergänzungen des Anstellungsvertrages oder zusätzliche Erklärungen war Schriftform vorgesehen (§ 7 des Vertrages).
Ab dem 30.09.1994 begleitete die Klägerin den Geschäftsführer der Firma ..., ... (S.), auf eine Reise nach W. Am Sonntag, den 02.10.1994 bestiegen beide gegen 16.00 Uhr im Wiener Prater die Gondel eines Fahrgeschäfts (Para-Tower). Bei dieser Fahrt stürzte die Gondel ab; die Klägerin erlitt schwere Verletzungen und musste bis 03.11.1994 stationär im Krankenhaus behandelt werden.
Am 15.12.1994 zeigte die Barmer Ersatzkasse Baden-Baden (BEK), bei der die Klägerin damals krankenversichert war, der Beklagten das Unfallereignis als Arbeitsunfall an. Gegenüber der BEK hatte der Bruder der Klägerin angegeben, der Unfall habe sich bei einem Wochenendurlaub in Wien ereignet. Die Klägerin selbst hat diese Angaben mit Schreiben vom 07.12.1994 korrigiert und darauf hingewiesen, dass sich der Unfall während ihrer Arbeitszeit ereignet habe. Sie sei mit ihrem Chef beruflich in Wien tätig gewesen.
Die Unfallanzeige der Firma ... erfolgte am 23.12.1994. In einem Schreiben vom 18.01.1995 gab die Firma gegenüber der Beklagten an, die Tätigkeit der Klägerin bringe es mit sich, dass sie den Firmenchef, Herrn S., auch bei geschäftlichen Auslandsreisen unterstütze. Am Unfalltag habe S. in Wien eine geschäftliche Besprechung mit einem amerikanischen Geschäftsfreund gehabt. Die Klägerin habe bei dieser Geschäftsreise die Dolmetscherfunktion übernommen. Die Besprechung habe gegen 9.00 Uhr begonnen und bis ca. 12.30 Uhr gedauert. Eine Fortsetzung dieses Gesprächs sollte gegen 16.00 Uhr des gleichen Tages erfolgen. Zur Überbrückung der Zeit zwischen erster und zweiter Besprechung und zu seiner körperlichen Fitness habe S. die Klägerin gebeten, ihn bei einem Spaziergang in den in der Nähe gelegenen Wiener Prater zu begleiten. Während des Spaziergangs hätten beide die weitere Vorgehensweise für die geplante Geschäftsbesprechung am Nachmittag besprochen. S. habe dann die Klägerin zu einer Gondelfahrt eingeladen. Dieser Einladung habe sich die Klägerin nicht entziehen können.
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, bei der Gondelfahrt habe es sich um eine unversicherte, eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt, auch wenn S. die Fahrt bezahlt habe (Bescheid vom 21.06.1995 und Widerspruchsbescheid vom 17.08.1995).
Dagegen erhob die Klägerin am 20.09.1995 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). In einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts und ...