Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufliche Weiterbildung. Anspruch auf Weiterbildungsprämie bei Bestehen einer Zwischenprüfung. schulische Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher an einer Fachschule für Sozialpädagogik. erster Teil einer gestreckten Abschlussprüfung keine Zwischenprüfung. analoge Anwendung des § 131a Abs 3 Nr 1 SGB 3. planwidrige Gesetzeslücke. Gleichstellung und Vergleichbarkeit
Orientierungssatz
1. Es besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Weiterbildungsprämie gem § 131a Abs 3 Nr 1 SGB 3 für den Abschluss der 2-jährigen schulischen Ausbildung im Rahmen der Ausbildung zum Erzieher an der Fachschule für Sozialpädagogik, da es sich um keine Zwischenprüfung sondern um den ersten Teil des Fachschulexamens bzw einer gestreckten Abschlussprüfung handelt.
2. Es liegt jedoch eine planwidrige Regelungslücke vor, da der Gesetzgeber, wie sich aus der Gesetzesbegründung ausdrücklich ergibt, bei Ausbildungsberufen mit gestreckter Abschlussprüfung den 1. Teil der Abschlussprüfung einer Zwischenprüfung bei der Gewährung einer Weiterbildungsprämie gleichstellen wollte.
3. Die Vergleichbarkeit der im BBiG geregelten gestreckten Abschlussprüfung bei betrieblicher Berufsbildung und des in der Verordnung des Kultusministeriums Baden-Württemberg über die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialpädagogik-Berufskollegs (ErzieherVO) geregelten Fachschulexamens in der Fachrichtung Sozialpädagogik gebietet es, die Vorschrift des § 131a Abs 3 Nr 1 SGB 3 analog auch auf die Ablegung des theoretischen Teils des Fachschulexamens anzuwenden (vgl LSG Essen vom 11.3.2021 - L 19 AS 466/20 = juris)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.10.2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Weiterbildungsprämie i.H.v. 1.000 € im Streit.
Die Beklagte förderte in Umsetzung eines dem Kläger bewilligten Bildungsgutscheins dessen zum 15.08.2016 aufgenommene außerbetriebliche Umschulung zum staatlich anerkannten Erzieher durch Übernahme der bei der DAkademie (DAA) R - Fachschule für Sozialpädagogik für die 2-jährige schulische Ausbildung entstandenen Weiterbildungskosten sowie durch Übernahme der dem Kläger durch die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme bis Ende Juli 2018 entstandenen Lehrgangs- und Fahrtkosten (Bescheid vom 04.07.2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.03.2018).
Mit Antrag vom 24.08.2018 beantragte der Kläger eine Weiterbildungsprämie nach § 131a Abs. 3 Satz Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für das Bestehen einer Zwischenprüfung i.H.v. 1.000 €. Er fügte dem Antrag das Zeugnis der Fachschule für Sozialpädagogik zum Abschluss der schulischen Ausbildung vom 18.07.2018 bei.
Mit Bescheid vom 31.08.2018 lehnte die Beklagte eine Prämie für die Zwischenprüfung ab, weil diese erst nach dem Berufspraktikum beantragt werden könne. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung von Stellungnahmen, unter anderem auch der DAA als Bildungsträgerin, mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2018 zurück. Bei Fachschulen sei in der Regel keine Zwischenprüfung vorgesehen; hier könnte nur das erfolgreiche Bestehen einer Abschlussprüfung prämiert werden. Bei dem Zeugnis der Fachschule für Sozialpädagogik würde es sich um keine Zwischenprüfung, sondern um die bestandene staatliche Prüfung zum Abschluss der 2-jährigen schulischen Ausbildung handeln, die dazu berechtige, das Berufspraktikum (Anerkennungspraktikum) aufzunehmen.
Hiergegen hat der Kläger am 27.12.2018 Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen erhoben und die Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung der Weiterbildungsprämie i.H.v. 1.000 € beantragt. Die Ausbildung zum Erzieher sei klar in zwei Ausbildungsabschnitte gegliedert, nämlich die schulische Ausbildung, die mindestens zwei Jahre dauere und mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen werde, welche wiederum zur Aufnahme des Berufspraktikums berechtige, an dessen Ende wiederum eine Prüfung stehe, die dann zum Abschluss des staatlich anerkannten Erziehers führe. Die staatliche Prüfung am Ende der schulischen Ausbildung entspreche daher einer Zwischenprüfung und erfülle somit die Voraussetzung für die Gewährung der Weiterbildungsprämie i.H.v. 1.000 €. Man verweise hierzu auf das Urteil des SG Karlsruhe vom 11.12.2018 (S 4 AL 1712/18). Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Das genannte Urteil des SG Karlsruhe könne auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden, da die dort streitgegenständliche Ausbildung nicht mit der hier maßgeblichen vergleichbar sei.
Das SG Reutlingen hat mit Urteil vom 21.10.2019 die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Prämie i.H.v. 1.000 € für den bestandenen Abschluss der schulischen Ausbildung im Rahmen der Erzieherausbildung zu gewähren. Der erfolgreiche Abschluss der schulischen Ausbildung entsprechend dem Zeugnis vom 18.07.2018 erfülle die Voraussetzu...