Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuerkennung des Merkzeichens B. künstlicher Darmausgang bei praktisch vorliegender Einhändigkeit
Orientierungssatz
Probleme bei der Versorgung eines künstlichen Darmausgangs mit Stomabeuteln infolge praktisch vorliegender Einhändigkeit führen nicht zu einer Gefährdung des Behinderten oder anderer bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel; die Voraussetzungen für die Zuerkennung des "Merkzeichens B" liegen daher nicht vor.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die Notwendigkeit ständiger Begleitung (Merkzeichen "B") nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) besteht.
Bei dem am 27.05.1925 geborenen Kläger wurden zuletzt durch Bescheid des Versorgungsamts (VA) H. vom 05.10.1990 als Behinderungen nach dem SchwbG bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt "Lähmung und Mangeldurchblutung der rechten Hand. Seelische Behinderung. Behinderung im linken Knie- und Sprunggelenk. Kreislaufbeschwerden mit Schwindel. Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule. Diabetes mellitus. Sigmaerkrankung mit Anlage eines künstlichen Darmausgangs". Außerdem wurde eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G") anerkannt. Die Feststellung des Merkzeichens "B" lehnte das VA dagegen im Bescheid vom 05.10.1990 ab. Der deswegen vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde nach Beiziehung einer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme von Dr. A. zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 17.01.1991). In dem vom Kläger hiergegen beim Sozialgericht (SG) Mannheim angestrengten Klageverfahren (S 4 Vs 286/91) schloß der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 23.04.1991 einen Vergleich, worin sich die Beklagte verpflichtete, die Voraussetzungen des Merkzeichens "H" zu prüfen. Die Zuerkennung dieses Merkzeichens wurde später abgelehnt (Bescheid vom 15.07.1991).
Am 05.03.1993 beantragte der Kläger erneut Feststellung des Merkzeichens "B" und legte die Bescheinigung des Internisten Dr. E. in E. vom 26.02.1993 vor. Das VA holte die vä Stellungnahme vom 05.04.1993 ein und lehnte durch Bescheid vom 09.08.1993 die Feststellung des Merkzeichens "B" ab, weil der Kläger bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht ständig auf eine Begleitperson angewiesen sei.
Dagegen legte der Kläger am 13.08.1993 Widerspruch ein mit der Begründung, er benötige insbesondere beim Ein- und Aussteigen bei öffentlichen Verkehrsmitteln fremde Hilfe. Nach Beiziehung einer vä Stellungnahme von Dr. A. vom 03.11.1993 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 10.01.1994).
Hiergegen erhob der Kläger am 21.01.1994 Klage zum SG Mannheim und beantragte die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "B". Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte als sachverständige Zeugen auf schriftlichem Wege Dr. E. und Dr. G. M., Arzt für Allgemeinmedizin in E. (Auskünfte vom 22.12.1994 und 13.01.1995). Dr. E. berichtete u.a., er sehe den Kläger öfters alleine in der Stadt ohne Begleitung. Auch seine Praxis suche der Kläger allein auf. Ob der Kläger bei der Anbringung des Anus praeter fremder Hilfe bedürfe, könne er nicht beurteilen. Dr. M. hat verschiedene Arztbriefe vorgelegt.
Das SG beauftragte Prof. Dr. R., Orthopädische Universitätsklinik H., mit einer Begutachtung des Klägers. In dem zusammen mit Dr. S. am 11.03.1996 erstatteten Gutachten führte Prof. Dr. R. aus, bei unplanbaren Situationen, die aber der Ausnahmefall seien, benötige der Kläger im Zusammenhang mit dem Anus praeter fremde Hilfe, jedoch nicht dauernd. Es sei glaubhaft, daß der Kläger bei plötzlicher Darmentleerung, auch in öffentlichen Verkehrsmitteln, in peinliche Situationen gerate, jedoch stelle dies keine eigentliche Gefahr dar. Der Kläger wandte dagegen ein, Prof. Dr. R. habe ihn nur ein bis zwei Minuten lang angeschaut, aber nicht richtig untersucht.
Durch Urteil vom 27.11.1996 wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 16.01.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.01.1997 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung bringt er vor, wegen plötzlicher Stuhlentleerungen benötige er auch in öffentlichen Verkehrsmitteln fremde Hilfe, weil er wegen seiner funktionsuntüchtigen rechten Hand den Stomabeutel nicht ausreichend befestigen bzw. in einer derartigen Situation versorgen könne. Eine Begleitperson könne ihm in dieser Situation entsprechend helfen. Nach der Kommentierung von Rohr/Sträßer (BVG mit Verfahrensrecht, Band V, Seite A 270) genüge es für die Zuerkennung des Merkzeichens "B", daß Gefahren möglich seien, was bei ihm der Fall sei. Der Kläger hat eine Bescheinigung von Dr. L., Facharzt für Allgemeinmedizin in E., vom 07.03.1997 vorgelegt, der darin erklärt, der Kläger sei wegen des bei Bahnfahrten wiederholt ausgelaufenen Anus praeter-Beutels in ständiger Angst und traue sich kaum noch in die Öffentlichkeit.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Nov...