Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. objektive Verfügbarkeit. Schulbesuch. Vermutung beitragsfreier Beschäftigung

 

Orientierungssatz

Zum Nichtvorliegen eines Arbeitslosengeldanspruchs wegen eines Schulbesuchs zur Überbrückung der Wartezeit bis zum Beginn einer Umschulungsmaßnahme und nicht widerlegter Vermutung der beitragsfreien Beschäftigung als Schüler.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 21. Juni 1995 bis 10. März 1996 zurückgenommen und die Erstattung von 19.035,80 DM verlangt hat.

Der ... 1959 geborene Kläger war nach Berufstätigkeit als Maler und Lackierer sowie als Erziehungshelfer 1986/1987 zum Heilerziehungspfleger umgeschult worden. Zuletzt war er seit 01. Juli 1987 in diesem Beruf beim Caritasverband F Stadt beschäftigt. Indem wegen eines Wirbelsäulenleidens eine Umschulung für erforderlich gehalten wurde, beantragte der Kläger am 29. Dezember 1993 beim Arbeitsamt F (ArbA) eine berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation. Das ArbA veranlaßte die Erstattung des Gutachtens des Diplom-Psychologen K vom 14. April 1994, der empfahl, dem Kläger im Rahmen einer AP-/BF-Maßnahme die Gelegenheit zu geben, nochmals an einer Testserie teilzunehmen, um die bisher ungünstigen Testergebnisse zu korrigieren. Das Gutachten wurde am 05. Mai 1994 mit dem Kläger besprochen, der mit einer AP-/BF-Maßnahme im Berufsförderungswerk Heidelberg einverstanden war; gleichzeitig erklärte er, die Wartezeit wolle er durch Schulbesuch (Nachholung der Mittleren Reife) überbrücken. Das ArbA unterbreitete der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einen entsprechenden Eingliederungsvorschlag zur Durchführung einer solchen Maßnahme, zu der der Kläger gleichzeitig unter dem 18. Mai 1994 angemeldet wurde. Die Maßnahme fand vom 06. bis 15. September 1995 statt. Am 03. Juli 1995 hatte Dr. W vom Ärztlichen Dienst des ArbA ein Gutachten erstattet. Am 13. November 1995 folgte ein Beratungsgespräch beim ArbA. Dabei zeigte der Kläger Interesse am Beruf des Heilpädagogen.

Vom 01. Februar 1994 bis 20. Juni 1995 bezog der Kläger Krankengeld. Er besuchte ab 22. August 1994 den Vollzeitunterricht der Edith-Stein-Schule (Berufsaufbauschule) in F; der Schulbesuch sollte bis voraussichtlich 24. Juli 1996 dauern. Nach dem Stundenplan, gültig ab 11. September 1995, hatte der Kläger Montag bis Freitag durchgehend von der 1. Stunde (Beginn 7.50 Uhr) bis zur 6. Stunde (Ende 12.55 Uhr) Unterricht. Montag und Mittwoch war zusätzlich noch in der 8. und 9. Stunde (13.50 Uhr-15.35 Uhr) Unterricht. Der Schulbesuch wurde dem ArbA zunächst -- über die allgemeine Andeutung im Beratungsgespräch vom 05. Mai 1994 hinaus -- nicht bekannt.

Am 11. Mai 1995 meldete sich der Kläger beim ArbA arbeitslos und beantragte Alg. Im Antragsformular blieb zum einen die gesamte Frage 5, in der auch danach gefragt wird, ob der Antragsteller Schüler sei, unbeantwortet; zum anderen wurde sie mit dem Vermerk "erl. § 105a" durchgestrichen. Im Zusammenhang mit der Antragstellung erklärte der Kläger u.a., das Merkblatt für Arbeitslose (Ihre Rechte -- Ihre Pflichten) erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben. In diesem heißt es unter der Überschrift "Unter welchen Voraussetzungen wird Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe gezahlt?" u.a.:

"Haben Sie sich arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt, so hängt Ihr Anspruch noch von folgenden weiteren Voraussetzungen ab: Sie müssen verfügbar sein. Das Arbeitsförderungsgesetz geht von dem Grundsatz aus, daß die Vermittlung in Arbeit der Gewährung von Leistungen vorgeht. Sie müssen daher der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen. Darunter versteht man, daß Sie eine beitragspflichtige Beschäftigung unter den auf dem Arbeitsmarkt allgemein üblichen Arbeitsbedingungen ausüben können und dürfen und ... daß Sie bereit sind, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Sind Sie Schüler oder Student einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte, können Sie grundsätzlich kein Arbeitslosengeld erhalten; eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Sie nachweisen, daß die objektiven Anforderungen des Ausbildungsganges eine Ihre Beitragspflicht begründende Beschäftigung neben der Ausbildung zulassen".

Mit Bescheid vom 13. Juli 1995 bewilligte das ArbA ab 21. Juni 1995 Alg für eine Anspruchsdauer von 312 Wochentagen mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 493,20 DM. Der Leistungssatz wurde mit Bescheid vom 16. Oktober 1995 ab 02. Oktober 1995 auf 499,80 DM und ab 01. Januar 1996 auf 520,80 DM (Bescheid vom 08. Januar 1996) erhöht.

Am 12. Februar 1996 gelangte zu den Reha-Akten des ArbA ein Schreiben der Edith-Stein-Schule F (Berufsaufbauschule) an den Kläger gerichtet vom 08. Februar 1996, worin dieser auf häufige Fehlzeiten während des ersten Schulhalbjahres und daraus ggf. zu ziehende Folgerungen hingewiesen wurde. Unter dem 31. Mai 1996 unterbreitete das ArbA der BfA den Eingliederungsvorschlag einer Ausb...

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