Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdrentenrecht. Beschäftigungszeit in einer LPG in Rumänien. LPG-Mitgliedschaft. nachgewiesene Beitragszeit. Beschäftigungsverhältnis. Übererfüllung des Plan-Solls laut Adeverintas
Orientierungssatz
1. Für das Vorliegen einer Beitragszeit genügt jede auf einer Versicherungspflicht beruhende Zugehörigkeit zu einem Versicherungsträger, wenn sie durch ein "irgendwie geartetes Beitragssystem finanziert" wird. Eine enge Verbindung von Beitrag und Rentenanspruch bzw Rentenhöhe ist nicht erforderlich (vgl BSG vom 15.1.1958 - 1 RA 136/57 = BSGE 6, 263).
2. Ein die Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis besteht auch in der Bundesrepublik Deutschland ohne Erbringen einer tatsächlichen Arbeitsleistung, wenn ein rechtsgültiges Arbeitsverhältnis vorliegt, aufgrund dessen dem dienstbereiten Arbeitnehmer ein Entgelt geschuldet wird (vgl BSG vom 30.10.1997 - 13 RJ 19/97 und BSG vom 26.3.1980 - 3 RK 9/79).
3. Arbeitsbescheinigungen, die lediglich Angaben über Beginn und Ende der Beschäftigung enthalten, ohne zweifelsfrei erkennen zu lassen, dass und in welchem Umfang die Versicherungszeit unterbrochen worden ist, sind lediglich als glaubhaft gemachte Zeiten zu bewerten (vgl BSG vom 9.11.1982 - 11 RA 64/81 = SozR 5050 § 15 Nr 23). Ausgehend hiervon bilden die in der Adeverinta bescheinigten Normen keine hinreichend sichere Grundlage für eine Überzeugungsbildung dahingehend, dass eine nicht durch Krankheitszeiten oder vergleichbare Ausfallzeiten unterbrochene Beschäftigung vorliegt. Dies folgt nach Ansicht des Senats aus dem Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht eV vom 20.1.1999, wonach die Anzahl der erfüllten Normen keinen Rückschluss auf die tatsächliche Zahl der Arbeitstage zulässt und es keine Umrechnungsmethode gibt, nach der anhand der realisierten Normen der zeitliche Umfang der geleisteten Arbeit genau ermittelt werden könnte. Der Nachweis einer ununterbrochenen, ganzjährigen Beitragszeit kann demnach aus der Übererfüllung von Arbeitsnormen nicht hergeleitet werden.
4. Aus dem bloßen Bestehen eines Mitgliedschaftsverhältnisses zur LPG in Rumänien kann nicht auf ein ganzjähriges und ununterbrochenes (weder Unterbrechungen durch Krankheit noch durch andere Tatbestände) Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden (Abweichung von LSG Stuttgart vom 24.10.2003 - L 8 RJ 500/02). Für den Nachweis von Beschäftigungszeiten ist eine an dem Einzelfall ausgerichtete konkrete Betrachtungsweise erforderlich. Damit muss ein Versicherter, wenn er den Nachweis führen will, dass die in den Bescheinigungen aufgeführten Beschäftigungsverhältnisse ununterbrochen bestanden haben, sich weiterer Erkenntnisquellen bedienen. Sofern dies im Einzelfall zu einem Beweisnotstand für den Versicherten führt, hat der Gesetzgeber eine Erleichterung der Beweisführung in Form der Glaubhaftmachung ausreichen lassen (vgl BSG vom 21.4.1982 - 4 RJ 33/81).
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist im Zugunstenverfahren die Berücksichtigung der in Rumänien zurückgelegen Zeiten von 1966 bis 1977 als nachgewiesene (statt nur glaubhaft gemachte) Beitragszeiten.
Die ... 1924 in W/Rumänien geborene Klägerin siedelte am 10. November 1990 in die Bundesrepublik Deutschland über. In Rumänien, wo sie ihre vier Kinder gebar (Jahrgänge 1949, 1950, 1952, 1955), war sie von 1957 bis 1980 in der C.A.P. (Abkürzung für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft ≪LPG≫) S tätig und zwar bis 1962 im Pflanzensektor und ab 1963 in der Zootechnik. Von Dezember 1981 an bezog sie bis zu ihrer Ausreise Rente. Die Klägerin, die als Vertriebene (Ausweis A) anerkannt ist, beantragte am 23. November 1990 bei der Beklagten die Gewährung von Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. Die am 1. August 1990 ausgestellte Adeverinta Nr. ... bescheinigte der Klägerin folgende Arbeitsleistungen:
- von den jährlich geplanten 120 Normen im Jahr 1966 606, im Jahr 1967 532, im Jahr 1968 497, im Jahr 1969 582,
- von den jährlich geplanten 140 Normen im Jahr 1970 495, im Jahr 1971 529, im Jahr 1972 462, im Jahr 1973 764, im Jahr 1974 676, im Jahr 1975 496,
- von den jährlich geplanten 160 Normen im Jahr 1976 538
- von den jährlich geplanten 180 Normen im Jahr 1977 841, im Jahr 1978 660, im Jahr 1979 352, im Jahr 1980 364.
Mit Bescheid vom 4. November 1992 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersruhegeld ab 10. November 1990. Hierbei anerkannte sie für die Jahre 1966 bis 1980 jeweils 6 Monate als Beitragszeiten nach § 15 Fremdrentengesetz (FRG). Auf den Widerspruch anerkannte die Beklagte - wie von der Klägerin beantragt - u.a. die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 insgesamt als glaubhaft gemachte und die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1980 als nachgewiesene Beitragszeit gemäß § 15 FRG und half insoweit dem Widerspruch ab (Bescheid vom 27. September 1993; vgl. auch Schreiben der Beklagten vom 13. Juli 1993). Gleichzeitig teilte die Beklagte mit, es könnte keinesfalls...