Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. MdE-Höhe. Einschätzung. Erstfestsetzung einer Dauerrente. Abänderung der Verwaltungsentscheidung durch das Gericht. MdE nicht mehr als 5 vH. Anwendungsbereich des § 73 Abs 3 SGB 7
Leitsatz (amtlich)
Nur im Falle des § 73 Abs 3 SGB VII ist dem Gericht eine Abänderung der Verwaltungsentscheidung verwehrt, wenn diese nicht mehr als 5 vH beträgt. Bei der Erstfestsetzung einer Dauerrente fehlt es dafür an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. März 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich gegen eine Verurteilung zu einer Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vom Hundert (v. H.).
Der 1963 geborene Kläger zog sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Monteur/Maschinenbau am 18. Juli 2012 eine Ruptur der distalen Bizepssehne zu, als er beim Versuch des Wegziehens eines Förderbandes abrutschte und sich den rechten Arm verdrehte. Mit dem Rettungsdienst wurde er ins Krankenhaus N. gefahren, wo er zunächst mit einem Gips versorgt wurde. Am 19. Juli 2012 begab er sich in Behandlung in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen (im folgenden BG-Klinik), die am 26. Juli 2012 eine operative Refixation der distalen Bizepssehne rechts mit anschließendem schwierigen Heilungsverlauf vornahm.
Die Beklagte holte zunächst eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Prof. Dr. D., Klinik am E., ein, der in Auswertung der Röntgenaufnahmen vom 18. Juli 2012 wie der Magnetresonanztomographie (MRT) vom 25. Juli 2012 zu dem Ergebnis gelangte, dass als frische Unfallverletzungen eine Ruptur der distalen Bizepssehne mit vollständiger Ablösung vom Absatz an, lokalem Bluterguss und Retraktion der abgelösten Sehne, ein geringgradiger Gelenkerguss und ausgedehnte umgebende Weichteil-Einblutungen an der Beugeseite des Ellenbogens vorlägen (Bl. 39 V-Akte).
Nach Narbenmobilisation mit langsamer Belastungssteigerung zeigten sich bei der Kontrolluntersuchung vom 27. September 2012 zwar reizlose Haut- und Weichteilverhältnisse, jedoch starke Verklebungen und Verhärtungen im Bereich der Bizepssehne mit deutlichem Druckschmerz und weiterhin eingeschränkter Beweglichkeit bei deutlichem Taubheitsgefühl im Bereich des ulnarseitigen Unterarmes sowie dorsalseitig in den Fingern I bis III. Der Kläger war weiterhin arbeitsunfähig (Bericht Prof. Dr. St. vom 1. Oktober 2012,).
Ab dem 29. Oktober 2012 begab sich der Kläger in Absprache mit der Beklagten in Aufsichtstätigkeit für drei Wochen nach Russland, dies unter Vermeidung von körperlicher Tätigkeit, insbesondere Heben und Tragen von Lasten über 25 kg. Dann war eine erneute operative Revision bei Narbeninduration mit entsprechender Beschwerdesymptomatik geplant. Formal war er bis auf weiteres arbeitsunfähig (Bericht Prof. Dr. St. vom 18. Oktober 2012).
Die Korrektur der hypertrophen Narben der rechten Ellenbeuge (Vernarbungen so stark, dass eine vollständige Streckung nicht möglich, außerdem starke Nervenirritationen des Nervus radialis) wurde am 5. Dezember 2012 ebenfalls in der BG-Klinik durchgeführt. Der Kläger wurde bis 10. Dezember 2012 stationär behandelt (Bericht Prof. Dr. St. vom 10. Dezember 2012).
In der Folgezeit ließ sich das Nahtmaterial nicht ziehen, der Faden steckte in der Mitte der Narbe fest, der verbliebene Fadenrest wurde am 18. Januar 2013 unter sterilen Bedingungen in der BG-Klinik “geborgen„, das bekannte Sensibilitätsdefizit im Versorgungsgebiet des Nervus radialis bestand fort. Der Kläger nahm im Januar 2013 zwar seine Arbeit wieder auf, sein Arbeitgeber musste ihm aber zwei Kollegen zur Seite stellen, so dass er sich am 2. Mai 2013 in der Rehabilitationssprechstunde vorstellte. Dabei imponierte eine wulstige Narbe in der Ellenbeuge, der Bizepsmuskel beginne etwa 8 cm oberhalb der Ellenbeuge (Gegenseite 4 cm), es liege ein Streckdefizit von ca. 20° und eine deutliche Kraftminderung des rechten Bizeps vor. Die Rehabilitationsberatung kam zu dem Ergebnis, dass die mehrfach durchgeführten Operationen am rechten Arm mit Verhärtung der Narbe und bereits vorliegender Nervenreizung keine weitere Operationsempfehlung nach sich ziehen könnten. Der Kläger solle Krankengymnastik durchführen und der Befund noch einmal durch ein MRT ausgewertet werden. Gleichzeitig holte die Beklagte eine Arbeitsplatzbeschreibung ein, wonach der Kläger als Schweißer oft über Kopf arbeiten müsse und dabei Gewichte von über 50 kg bewege. PD Dr. B., BG-Klinik, berichtete anschließend, dass die Kernspintomographie eine nach wie vor deutlich retrahierte Bizepssehne mit hartem Gewebe zeige, der Muskelbauch sei deutlich proximalisiert und beim Anspannen eine Sehnenplatte palpabel. Die Supination gegen Widerstand sei schmerzhaft, die Fingerstreckung frei. Die Beweglichkeit betrage 0-20-120 Grad, P...