Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Fremdrentenrecht. gerichtlicher Vergleich über Qualifikationsgruppenzuordnung. keine Überprüfung nach § 44 SGB 10. keine Widerrufsmöglichkeit nach § 46 Abs 1 SGB 1
Leitsatz (amtlich)
Ein gerichtlicher Vergleich, in dem sich der Versicherte mit dem Rentenversicherungsträger über die Zuordnung von Zeiten nach dem FRG zu den Qualifikationsgruppen des SGB 6 einigt, ist verbindlich. Eine Überprüfung nach § 44 SGB 10 ist nicht möglich. § 46 Abs 1 SGB 1 ist nicht anwendbar, da eine solche einvernehmliche Zuordnung keinen Verzicht auf Sozialleistungen beinhaltet.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.06.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens eine höhere Rente. Inhaltlich geht es um die rentenrechtliche Bewertung von Beitragszeiten, die die Klägerin in der ehemaligen S: zurücklegte, konkret um die Einstufung der Tätigkeit als Kranführerin in der Zeit vom 18.03.1967 bis 10.01.1981 in die Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) statt 5 (angelernte und ungelernte Tätigkeiten) der Anlage 13 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), und zwar entgegen einer früheren vergleichsweisen Regelung zwischen den Beteiligten.
Die im Jahr 1937 geborene Klägerin war - so die Übersetzung ihres Arbeitsbuchs (Bl. 8 Verwaltungsakte) sowie ihre Angaben in dem unter dem Aktenzeichen S 5 RJ 2985/97 vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) geführten Verfahren (Bl. 35 SG-Akte) - nach einem sechsmonatigen Lehrgang ab Mai 1955 bis zur Geburt ihres Kindes im Mai 1962 als Maschinistin, „Reguliererin“ und Arbeiterin (ab Dezember 1958 in der sechsten Kategorie, ab Januar 1960 in der fünften Kategorie, ab Februar 1961 in der ersten Kategorie) tätig. Ab Mai 1963 absolvierte sie einen sechsmonatigen Kurs als Schülerin auf dem elektrischen Kran. Im September 1963 wurde ihr die Qualifikation als Kranführer der zweiten Kategorie, im November 1963 der dritten Kategorie und im Januar 1970 der vierten Kategorie verliehen. Im April 1976 wurde ihr die Qualifikation der „Maschinistin des Kranes“ zuerkannt. Im Oktober 1978 erfolgte die Versetzung als Meister in die Transportstelle, im Januar 1981 die Entlassung unter der Kategorie „Rente ist bestimmt/Invalide“. Im September 1984 wurde die Klägerin als „Helfearbeiterin“ in die Transportstelle aufgenommen und im März 1985 als Verteilerin der Arbeit nach der dritten Kategorie versetzt. Ab September 1986 arbeitete sie bis zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland im Juni 1990 als Maschinistin des Kranes nach der fünften Kategorie.
Mit Bescheid vom 14.03.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 01.05.1997 eine Altersrente für Frauen in Höhe von monatlich 1.299,51 DM (brutto, Stand 01.05.1997). Die Tätigkeiten der Klägerin in der früheren S: ordnete die Beklagte durchgängig der Qualifikationsgruppe 5 zu. Im anschließenden Streitverfahren (S 5 RJ 2985/97) wegen der Zuordnung der Tätigkeit als Kranführerin zur Qualifikationsgruppe 4 sowie wegen der Frage, welche Wirtschaftsgruppe anzuwenden sei, in dem die Klägerin u.a. das „Zeugnis Nr. 3“ über eine individuale Ausbildung zur Kranführerin nebst Nachweisen zu Wiederholungen der Kenntnisprüfungen vorgelegt hatte (Bl. 8 ff., Übersetzung Bl. 22 SG-Akte), schlossen die Beteiligten am 16.11.1999 vor dem SG in einem Erörterungstermin folgenden Vergleich:
„1. Die Beklagte anerkennt eine Qualifikationsgruppe 4 ab 08.09.1986 an sowie Wirtschaftsbereich 11 vom 22.06.1964 bis 10.01.1981 und 18.09.1984 bis 16.06.1990, soweit sich durch diesen Wirtschaftsbereich eine Besserstellung der Klägerin ergibt.
2. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.“
Diesen Vergleich setzte die Beklagte mit dem Rentenbescheid vom 05.01.2000 um, indem sie der Klägerin ab 01.05.1997 eine höhere Altersrente bewilligte (brutto nunmehr monatlich 1.463,78 DM, Stand 01.05.1997).
Im Dezember 2003 beantragte die Klägerin u.a. mit dem Ziel der Zuerkennung der Qualifikationsgruppe 4 bereits ab Juni 1964 eine Überprüfung der Rentenberechnung. Mit Bescheid vom 02.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2005 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Sie berief sich auf die Rechtsverbindlichkeit des im November 1999 geschlossenen Vergleiches. Die Klägerin habe keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen. Hinsichtlich einer Korrektur der Kürzung der Entgeltpunkt um 40 % nach § 22 Abs. 4 Fremdrentengesetz (FRG) wurde eine Entscheidung zurückgestellt.
Am 03.01.2006 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben. Unter Bezugnahme auf das „Zeugnis Nr. 3“, das zwar das Datum vom 18.03.1957 trage, richtig jedoch auf das Jahr 1967 lauten müsse, hat sie die Zuordnung ihrer Tätigkeit als Kranführerin zur Qualifikationsgruppe 4 ab dem 18.03.1967 geltend gemacht und hie...