Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Einmalzahlung aus Anlass der COVID-19-Pandemie. Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt bzw der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Hilfe zur Pflege. stationäre Pflege. notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen. weiterer notwendiger Lebensunterhalt. Barbetrag und Bekleidungspauschale

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch auf Auszahlung der Covid-19-Einmalzahlung iHv 150 € gemäß § 144 S 1 SGB XII knüpft akzessorisch an einen bestehenden materiell-rechtlichen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel an.

2. Da nach der Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 23.3.2021 - B 8 SO 16/19 R = BSGE 132, 41 = SozR 4-3500 § 27b Nr 2) bei Hilfe zur Pflege in Form stationärer Pflege neben den eigentlichen Maßnahmekosten und dem notwendigen Lebensunterhalt (inkludierter Lebensunterhalt) der weitere notwendige Lebensunterhalt, der insbesondere den Barbetrag nach § 27b Abs 3 SGB XII und die Bekleidungspauschale nach § 27b Abs 4 SGB XII umfasst, als Hilfe zum Lebensunterhalt gezahlt wird, handelt es sich bei den Ansprüchen auf den Barbetrag und die Bekleidungspauschale um Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII.

3. Dies hat zur Folge, dass immer dann, wenn ein Bewohner eines Pflegeheimes, dessen Einkommen jedenfalls nicht ausreicht, um den gesamten Bedarf einschließlich der Heimkosten zu decken und daher Hilfe zur Pflege erhält, einschließlich eines Barbetrages und einer Bekleidungspauschale, auch Anspruch auf die Einmalzahlung nach § 144 S 1 SGB XII hat.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22. März 2022 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Einmalzahlung aus Anlass der COVID-19-Pandemie nach § 144 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der 1935 geborene Kläger lebt vollstationär in dem Pflegeheim E in F. Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100, das Merkzeichen G (siehe Schwerbehindertenausweis ab 10. November 2014 - Bl. 137 VA) sowie Pflegegrad 4 (Bl. 43 VA) festgestellt. Als Einkommen hat der Kläger eine deutsche und eine italienische Altersrente, eine Hinterbliebenenrente sowie Wohngeld. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Dezember 2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel SGB XII in Form der Übernahme der Aufwendungen für das Pflegeheim und der Festsetzung einer Eigenleistung (607,67 €); weiterhin bewilligte die Beklagte mit diesem Bescheid den Barbetrag sowie die Bekleidungspauschale. Diese wurden auf das Taschengeldkonto des Pflegeheims überwiesen. Als Rechtsgrundlagen benannte der Bescheid für die Bewilligung die §§ 27b, 42 und 61 des SGB XII. Berücksichtigt wurde bei der Bewilligung damals ein Einkommen des Klägers in Form von seiner Altersrente und seiner Witwerrente. In der Folgezeit erließ die Beklagte mehrere Änderungsbescheide über Leistungen nach dem Dritten und dem Siebten Kapitel des SGB XII, mit denen sie die Höhe der Eigenleistung (überwiegend) und auch die Höhe des monatlichen Betrages neu festsetzte.

Auf den streitgegenständlichen Zeitraum (Mai 2021) bezogen erließ die Beklagte zuletzt den bestandskräftigen Bescheid vom 14. Dezember 2020, mit dem sie unter Änderung der Leistungen nach dem Dritten und dem Siebten Kapitel des SGB XII die Höhe der Eigenleistung des Klägers ab 1. Januar 2021 auf 856,35 € und die Höhe des monatlichen Barbetrages auf 120,42 € sowie die monatliche Bekleidungspauschale auf 23,00 € festsetzte; mit weiterem Bescheid vom 26. Januar 2021 setzte sie schließlich in Änderung von Leistungen nach dem Dritten und dem Siebten Kapitel des SGB XII die Höhe der Eigenleistung des Klägers ab 1. März 2021 auf 855,54 € fest; der monatliche Barbetrag blieb unberührt. Diesen (letzten) Bescheiden war jeweils ein Berechnungsbogen beigefügt, in dem sie das einzusetzende Einkommen des Klägers (im Änderungsbescheid vom 26. Januar 2021 waren dies: Altersrente vom 615,46 €, Hinterbliebenenrente von 107,88 €, italienische Altersrente von 132,20 € und Wohngeld in Höhe von 324,00 €), davon übergeleitetes Einkommen in Höhe von 314,00 € abzog, unter Berücksichtigung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII und von Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII (Bekleidungsbeihilfe und Barbetrag) ein weiterhin zu berücksichtigendes Resteinkommen von 712,12 € anführte und sodann unter Berücksichtigung von Leistungen nach dem Siebten Kapitel SGB XII zu einer diesbezüglich zu gewährenden Leistung von 2.481,99 € gelangte; hiervon gingen an den Zahlungsempfänger Pflegeheim 2.338,57 €, die Bekleidungsbeihilfe in Höhe von 23,00 € monatlich ebenfalls an das Pflegeheim und an den Kläger direkt ein Auszahlungsbetrag in Höhe von 120,42 €.

Mit Schreiben seines Betreuers vom 8. Juni 2021 beantragte der Kläger eine COVID-19-Einmalzahlung. Mit Bescheid ...

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