Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrags(zahn)arzt. Budgetierung. Gesamtvergütung in den Jahren 1993-1995 verfassungsgemäß. Zahnersatz-Begleitleistung
Orientierungssatz
1. Gegen die durch das GSG eingefügte Budgetierung der Gesamtvergütung in den Jahren 1993 bis 1995 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere wird der Vertrags(zahn)arzt hierdurch nicht in seinem Grundrecht des Art 12 Abs 1 GG verletzt.
2. Es ist nicht rechtswidrig, wenn die Kassenzahnärztliche Vereinigung Zahnersatz-Begleitleistungen der Gesamtvergütung zugeschlagen und damit der Budgetierung unterworfen hat.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine lineare Kürzung seiner Honoraranforderung für das Jahr 1994 wegen der Budgetierung der Gesamtvergütung.
Der Kläger ist als Zahnarzt in V.-S. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.
Im Hinblick auf die durch § 85 Abs. 3a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 (GSG) erfolgte Budgetierung der Gesamtvergütung beschloß die Vertreterversammlung der Beklagten am 13.4.1994 eine Anlage zum Honorarverteilungsmaßstab (HVM), in welcher für die Jahre 1994 und 1995 ein Kürzungsverfahren für den Fall einer Überschreitung der zulässigen Gesamtvergütung gemäß § 85 Abs. 3a SGB V geregelt worden ist. Nach § 2 der Anlage zum HVM wird eine Überschreitung der zulässigen Gesamtvergütung um bis zu 3 % durch ein allgemeines Kürzungsverfahren gemäß § 3 ausgeglichen, wenn es nach der Durchführung dieses allgemeinen Kürzungsverfahrens bei einer Überschreitung der zulässigen Gesamtvergütung bleibt, wird zusätzlich ein individuelles Kürzungsverfahren gemäß § 4 durchgeführt. Zugleich wurden auch Richtlinien zur Berechnung der Bemessungsgrundlage in den Ausnahmefällen gemäß § 5 der Anlage zum HVM erlassen.
Mit dem Honorarkürzungsbescheid vom 8.2.1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, für das Jahr 1993 sei das Primärkassen-Budget um DM 2.764.452,59 überschritten. Die Vertreterversammlung habe am 13.4.1994 beschlossen, die Budgetüberschreitung im Abrechnungsjahr 1993 durch eine lineare (solidarische) Kürzung auszugleichen. Der sich hieraus ergebende Abzugsprozentsatz betrage 2,0123 %. Entsprechend ihrem Anteil (DM 217.507,77) an dem für 1993 verteilten Honorarvolumen betrage der Kürzungsbetrag DM 4.376,96.
Mit einem vorläufigen Honorargutschriftbescheid vom 18.3.1996 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Überschreitung des Budgets (für Primärkassen) für 1993 falle um DM 738.754,72 geringer aus. Dies ergebe bei seiner Abrechnung einen Gutschriftsbetrag von DM 1.241,74.
Mit den weiteren vorläufigen Honorarkürzungsbescheiden vom 18.3.1996 teilte die Beklagte dem Kläger mit, für das Jahr 1994 sei das Ersatzkassen-Budget um DM 3.103.250.-- und das Primärkassen-Budget um DM 3.494,222.-- überschritten. Der sich aus der Gesamtüberschreitung ergebende Abzugsprozentsatz liege innerhalb der sogenannten Solidarzone von 3 %, so daß eine lineare Kürzung erfolge. Entsprechend seinem Anteil (Ersatzkassen: DM 154.382,04; Primärkassen: DM 261.352,87) an dem in 1994 verteilten Honorarvolumen betrage der Kürzungsbetrag bei den Ersatzkassen DM 4.503,59 und bei den Primärkassen DM 6.468,09.
Gegen die Bescheide vom 18.3.1996 erhob der Kläger am 10.4.1996 Widerspruch und machte geltend, die gesetzlich verfügte Budgetierung sei verfassungswidrig.
Der Vorstand der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.12.1996). Zur Begründung führte er aus, eine anderslautende Entscheidung als die Umsetzung der Budgetierung sei ihr (der Beklagten) nicht möglich gewesen.
Gegen den seinen Prozeßbevollmächtigten am 16.12.1996 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 20.12.1996 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.8.1997 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Budgetierung der Gesamtvergütung, die durch § 85 Abs. 3 Satz 1 SGB V für alle Ärzte und Zahnärzte eingeführt worden sei, sei in das Gesamtkonzept des Gesetzgebers zur Kostendämpfung eingebettet. Es sei allgemein anerkannt, daß es sich bei der finanziellen Stabilität der Gesetze in Krankenversicherung um ein Gemeinschaftsgut von hohem Wert handele, das auch Eingriffe in Grundrechte rechtfertigen könne. Einen solchen Eingriff stelle die Budgetierung dar, doch dieser Eingriff sei gerechtfertigt. Nicht zu beanstanden sei auch, daß die Beklagte in ihrem HVM bei Überschreitung des Gesamtbudgets eine lineare Kürzung vorgesehen habe. Die Beklagte verfüge über einen Regelungsspielraum in der Frage, wie sie Überschreitungen des Gesamtbudgets auf die einzelnen Zahnärzte verteile. Wenn die Beklagte angesichts der degressiven Punktregelung, die ohnehin der Mengenbegrenzung diene, zunächst eine lineare Kürzung vornehme und erst danach eine individuelle Kürzung unter Beachtung von Besonderheiten der einzelnen Praxis, sei dies nicht zu beanstanden. ...