Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung. Versicherungspflicht. zahnärztliche Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis auf der Basis eines Vertrags über eine zahnärztliche nicht gleichberechtigte Gemeinschaftspraxis. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Zur abhängigen Beschäftigung eines Zahnarztes auf der Grundlage eines Vertrags "über eine zahnärztliche nicht gleichberechtigte Gemeinschaftspraxis".
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Februar 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf € 8.910,06 festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für den bei ihm vom 1. Januar 2007 bis 28. Februar 2010 beschäftigt gewesenen Beigeladenen zu 1) Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und Umlagen nach dem seit 1. Januar 2006 geltenden Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) sowie für die Zeit ab 1. Januar 2009 für das Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt € 8.910,06 nachzuentrichten hat.
Der Kläger ist Zahnarzt. Er betreibt seit vielen Jahren eine Einzelpraxis in von seinem Bruder gemieteten Praxisräumen.
Der 1958 geborene Beigeladene zu 1) absolvierte zwischen 1980 und 1988 ein Studium der Zahnmedizin. Nach Abschluss des Studiums war er bis 2005 in einer eigenen Praxis in N. niedergelassen und Mitglied des Versorgungswerks der Zahnärztekammer W.-L. In der Zeit von 1. Februar 2006 bis 28. Februar 2010 war er in der Praxis des Klägers tätig. Teilnehmer der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte wurde er nicht, da er zum Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme in Baden-Württemberg die Altersgrenze bereits überschritten hatte.
Der am 31. März 2006 zwischen dem Kläger, der als Seniorpartner bezeichnet wurde, und dem Beigeladenen zu 1), der als Juniorpartner bezeichnet wurde, geschlossene “Vertrag über eine zahnärztliche nicht gleichberechtigte Gemeinschaftspraxis„ (im Folgenden: Vertrag) lautete auszugsweise wie folgt:
Präambel
Der Seniorpartner betreibt in [S.., F-straße 42] eine Einzelpraxis, die er in vielen Jahren zu einer überdurchschnittlichen Zahnarztpraxis aufgebaut hat. Der Juniorpartner, der noch eine Praxis mit Zulassung in [S.., S-straße 23] besitzt, will seine Praxis veräußern sowie auf die dortige Zulassung verzichten. Zum Zwecke der Erprobung ist der Juniorpartner seit dem 1. Februar 2006 in der Praxis des Seniorpartners als Entlastungsassistent tätig. ... Mit diesem Vertrag vereinbaren die Vertragspartner die zahnärztliche Tätigkeit gemeinsam ohne Kapitalbeteiligung des Juniorpartners in einer nicht gleichberechtigten Gemeinschaftspraxis auszuüben. Mittelfristig beabsichtigen die Partner die zahnärztliche Tätigkeit gemeinsam mit Kapitalbeteiligung des Juniorpartners in einer gleichberechtigten Gemeinschaftspraxis auszuüben. ...
§ 1
Vertragszweck, aufschiebende Bedingung
1. Zweck dieses Vertrags ist die Regelung der gemeinsamen vertrags- und privatzahnärztlichen Tätigkeit in einer nicht gleichberechtigten zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in [7 S.., F-straße 42].
2. Die Gemeinschaftspraxis tritt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf. Die Vorschriften gemäß §§ 705 bis 740 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) finden Anwendung, soweit sich aus diesem Vertrag nichts Abweichendes ergibt.
3. Die Gesellschaft beginnt am 1. April 2006 unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Juniorpartner die erforderlichen Willenserklärungen zur Erfüllung der Bedingung in den Beschlüssen des Zulassungsausschusses für Zahnärzte im Regierungsbezirk Freiburg abgegeben hat.
4. ...
5. Die Vertragspartner sind in der Berufsausübung unabhängig und nicht weisungsgebunden.
§ 2
Praxisname und Praxissitz
1. Die Gemeinschaftspraxis wird in den bisher genutzten Praxisräumen in [7 S.., F-straße 42] ausgeübt.
2. Die Gemeinschaftspraxis führt auf dem Praxisschild, den Briefbögen, Stempeln usw. die Bezeichnung
[Name des Klägers]
[Name des Beigeladenen]
Zahnärzte
3. ...
§ 3
Einlagen, Beteiligung
1. ...
2. Der Seniorpartner bringt seine gesamte Einzelpraxis einschließlich des Patientenstammes in die Gemeinschaftspraxis ein. Die eingebrachte Praxis verbleibt im Eigentum und Sonderbetriebsvermögen des Seniorpartners, der diese aber der Gemeinschaftspraxis unentgeltlich zur Nutzung zur Verfügung stellt, wobei die Benutzung aller zum Praxisbetrieb erforderlichen Gegenstände beiden Vertragspartnern im gleichen Umfang zur Verfügung steht. Die Einbringung/Zurverfügungsstellung der Gegenstände erfolgt unter Ausschluss jeglicher Gewährleistungsansprüche.
3. Die Vertragspartner beabsichtigen Verhandlungen aufzunehmen, mit dem Ziel, den Juniorpartner mittelfristig unterparitätisch am Kapital der Gesellschaft zu beteiligen und eine gleichberechtigte Gemeinschaftspraxis zu bilden.
4. Für den Fall, dass die Gemeinschaftspraxis entgegen A...