Entscheidungsstichwort (Thema)
Isolierte Feststellung des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses durch den Deutschen Rentenversicherung Bund
Leitsatz (amtlich)
1. Ein behördlicher Ausspruch über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist ausnahmsweise isoliert anfechtbar, wenn eine Verwaltungsmaßnahme nach dem Empfängerhorizont in der äußeren Form eines Verwaltungsaktes erlassen worden ist.
2. Materiell-rechtlich ist die isolierte Feststellung des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses durch die Deutschen Rentenversicherung Bund als "Clearingstelle" erst mit Inkrafttreten der Änderung des § 7a Abs. 1 SGB IV zum 01.4.2022 (BGBl. I 2021, Seite 2990, 2992) zulässig; für die Zeit davor bestand keine Rechtsgrundlage für eine (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer abhängigen Beschäftigung. § 7a Abs. 1 SGB IV a.F. berechtigte und verpflichtete (nur) zur Feststellung des Vorliegens der Versicherungspflicht (im Anschluss an BSG, Urteil vom 11.3.2009 - B 12 R 11/07 R - juris, Rn. 11 ff. und Urteil vom 26.2.2019 - B 12 R 8/18 R - juris, Rn. 16 ).
Normenkette
SGB IV § 7a Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 2, § 28h Abs. 2 S. 1, § 28p Abs. 1 S. 5; SGB IV Fassung: 2009-11-12 § 7a Abs. 1; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1; SGG § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 197a Abs. 1; VwGO § 154 Abs. 3, § 155 Abs. 1 S. 1, § 162 Abs. 3
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Februar 2020 teilweise, unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen, aufgehoben und der Tenor wie folgt neu gefasst:
Der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2015 wird insoweit aufgehoben, wie die Beklagte hiermit festgestellt hat, dass die Tätigkeit der Beigeladenen für die Beklagte seit dem 7. Juli 2001 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden im Verhältnis von Klägerin und Beklagter gegeneinander aufgehoben. Die Beigeladene hat ihre Kosten selbst zu tragen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der sozialversicherungsrechtliche Status der Beigeladenen bei ihren Arbeitseinsätzen als voruntersuchende Ärztin im Blutspendedienst für die Klägerin seit dem 07.07.2001 streitig.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und des Wohlfahrtswesens sowie der Wissenschaft, Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Transfusionsmedizin und verwandten Gebieten sowie die aktive Mitwirkung bei der Katastrophenvorsorge mit menschlichem Blut und Bestandteilen des menschlichen Blutes. Zur Verwirklichung dieser Zwecke sind Gegenstand des Unternehmens u.a. die Sammlung, Aufbereitung (Konservierung) und Verteilung von menschlichem Blut und Bestandteilen des menschlichen Blutes. Hierzu führt die Klägerin in B1 und H1 überörtliche Blutspendeaktionen durch. Für deren Organisation waren verschiedene Mitarbeiter der Klägerin zuständig (sog. Werbereferenten). Die Blutspendeaktionen wurden in öffentlichen Gebäuden (Schulen, Turnhallen, Bürgerhäuser, usw.) sowie in Immobilien der DRK-Ortsvereine durch eigenes Personal (angestellte Mitarbeiter) und ehrenamtliche Mitarbeiter der örtlichen Vereine (Ortsverein, Ortsbereitschaft) durchgeführt. Da die Klägerin für die Blutspendetermine über keine eigenen Ärzte verfügte, rekrutierte sie durch die Werbereferenten die nach § 5 des Gesetzes zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz - TFG -, BGBl. I 2007, Seite 2169) für die Zulassung zur Spendeentnahme voruntersuchenden ärztlichen Personen überwiegend aus dem Kreis der hierzu bereiten niedergelassenen Ärzte oder im Ruhestand befindlichen Ärzte.
Aufgabe der voruntersuchenden Ärzte war es, die Spendentauglichkeit der zur Blutspende erschienenen Personen, der potentiellen Spender (nachfolgend einheitlich Spender), zu klären, zum einen im Hinblick auf deren Gesundheitszustand und zum anderen im Hinblick auf die - auf Grund der anamnestischen Angaben zur eventuellen Medikation und zu Krankheitsrisiken zu beurteilende - Verwendbarkeit deren Blutes.
Die Beigeladene ist approbierte Ärztin und arbeitete ab 1995 als Ärztin im Blutspendedienst der Klägerin. Am 07.07.2001 schloss sie mit der Klägerin einen „Rahmenvertrag über freie Mitarbeit“ (RV). In diesem wurde unter anderem vereinbart, dass die Beigeladene die Aufgaben einer voruntersuchenden ärztlichen Person (Voruntersuchung von Blutspendern auf öffentlichen Blutspendeaktionen, Beurteilung der Spendefähigkeit entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften sowie ärztliche Erstversorgung von Notfällen, z.B. Kollaps, Nachblutungen, sonstige Unfälle der Blutspender) übernahm (§ 1 RV). Nach § 2 RV unterlag sie bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen der Klägerin und hatte gegenüber den a...