Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. Beginn. Wiedererkrankung. Verletztengeld. MdE-Bemessung. Konsenspapier der MdE-Expertengruppe. MdE-Erfahrungswerte bei Gliedmaßenverlusten. Verschlimmerung der Gesundheitsfolgen. rentenberechtigende MdE. MdE in Höhe von 20 vH. Daumenverlust

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei dem Konsenspapier der MdE-Expertengruppe nach Überprüfung der MdE-Erfahrungswerte bei Gliedmaßenverlusten (MdE-Eckwerte) vom Oktober 2019 handelt es sich um tragfähige Erfahrungssätze für die MdE-Bemessung von unfallbedingten Gliedmaßenverlusten und/oder -einschränkungen.

2. In Wiedererkrankungsfällen beginnt die Verletztenrente mit dem ersten Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit und entsteht mit dem Beginn der Wiedererkrankung dann ein erneuter Anspruch auf Verletztengeld, das neben der Verletztenrente zu zahlen ist.

3. Wenn nach dem Wegfall des Verletztengeldes zunächst keine rentenberechtigende MdE besteht, diese aber im weiteren Verlauf infolge einer Verschlimmerung entsteht oder eine rentenberechtigende MdE rechtfertigende Befunde erst im weiteren Verlauf im Vollbeweis vorliegen, besteht der Anspruch auf Verletztenrente ab dem Tag, an dem erstmals eine rentenberechtigende MdE anzunehmen ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15.10.2021 aufgehoben, der Bescheid der Beklagten vom 19.02.2020 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 17.03.2020 und des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2020 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 01.12.2020 zu gewähren.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente streitig.

Die 1962 geborene und als Verwaltungsfachangestellte beim Ordnungsamt der Stadt M1 beschäftigte Klägerin erlitt am 27.12.2018 um circa 07:20 Uhr einen Arbeitsunfall, indem sie nach den Angaben in dem Wegeunfallbogen und in der Unfallanzeige, nachdem sie ihr Auto von ihrem Wohnort kommend in der Tiefgarage im Quadrat H6 in M1 abgestellt und sich von dort zu Fuß auf den zum Verwaltungsgebäude ihrer Arbeitgeberin in K7 in M1 aufgemacht hatte, stolperte, auf ihre Hände fiel und dabei mit der rechten Hand wegknickte, weswegen sie mit der rechten Gesichtshälfte auf den Asphalt prallte.

Die Klägerin stellte sich am Unfalltag um 08:44 Uhr beim R1 vor. Dieser führte in seinem hierüber erstellten Verlaufsbericht aus, die klinische Untersuchung habe am rechten Handgelenk eine oberflächliche Schürfung am Grundgelenk D5 ulnarseitig circa 5 mm, eine Prellmarke am Thenar im Sinne eines circa 5 mm großen Hämatoms sowie eine freie Beweglichkeit des Handgelenks und aller Finger bei intakter peripherer Durchblutung, Motorik und Sensibilität, am Schädel eine oberflächliche Schürfverletzung an der rechten Augenbraue lateral mit leichter Schwellung bei beidseits prompter und regelrechter Pupillenreaktion, regelrechter Augenmotorik sowie einen unauffälligen restlichen Bodycheck ergeben, und diagnostizierte eine Schädelprellung, eine Prellung der rechten Hand sowie eine Schürfwunde am rechten Handgelenk und an der rechten Hand. Nach einer sodann erfolgten Wiedervorstellung führte R1 in seinem Durchgangsarztbericht vom 03.01.2019 aus, die röntgenologische Untersuchung habe eine Sklerosierung und eine Osteophytenbildung am Daumensattelgelenk und keinen Frakturnachweis ergeben, und diagnostizierte weiterhin eine Schädelprellung, eine Prellung der rechten Hand sowie eine Schürfwunde am rechten Handgelenk und an der rechten Hand. Die am 09.01.2019 erfolgte Untersuchung bei S1 ergab ausweislich seines hierüber erstellten Augenarztberichts eine Platzwunde an der Augenbraue und ein Hämatom am Unterlid. Nach einer Wiedervorstellung am 25.01.2019 diagnostizierte R1 in seinem Durchgangsarztbericht eine Dislokation des rechten Daumens sowie eine Distorsion des rechten Daumengrundgelenks.

Am 31.01.2019 stellte sich die Klägerin in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L1 vor. In dem hierüber erstellten Befundbericht wurde ausgeführt, die am 22.01.2019 durchgeführte magnetresonanztomografische Untersuchung habe eine partielle Ruptur des ulnaren Daumenseitenbandes und die nun durchgeführte röntgenologische Untersuchung habe eine Rhizarthrose im Stadium 2 nach Eaton und Littler sowie eine Irregularität im Bereich des mittleren Scaphoiddrittels ergeben. In einem weiteren Verlaufsbericht wurde ausgeführt, die am 04.02.2019 durchgeführte computertomografische Untersuchung habe ein Scaphoid rechts sowie keinen Anhalt für eine Scaphoidfraktur ergeben. Zudem wurde ein Teilausriss des ulnaren Seitenbandes im rechten Metacarpophalangealgelenk 1 diagnostiziert.

R1 führte in seinem Durchgangsarztbericht vom 04.03.2019 aus, die klinische Untersuchung habe an der rechten Hand keinen Druckschmerz mehr sowie am Handgelenk eine freie Beweglichkeit und freie Daumenbeweglichkeit und einen leichten D...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge