Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. abgefundene Rente. Wiederzahlung. wesentliche Verschlimmerung. Vergleich der tatsächlichen gesundheitlichen Verhältnisse. Zeitpunkt. keine Rentenneufeststellung: Ausführungsbescheid zur Aufhebung eines Entziehungsbescheids
Leitsatz (amtlich)
Für die Frage, ob eine abgefundene Rente wegen wesentlicher Verschlimmerung wieder zu zahlen ist, kommt es auf einen Vergleich der tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten bindend gewordenen Feststellung mit den im streitigen Zeitraum bestehenden Verhältnissen an. Ein Ausführungsbescheid zur Aufhebung eines Entziehungsbescheids stellt keine Rentenneufeststellung dar.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.05.2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die erneute Zahlung einer Verletztenrente ab dem 01.11.2018 nach erfolgter Rentenabfindung auf Lebenszeit wegen einer wesentlichen Verschlimmerung des Gesundheitszustands.
Der 1951 geborene Kläger, gelernter Industriekaufmann, war seit Anfang der 1970er Jahre als Sachbearbeiter bei der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) M1 beschäftigt, als er am Morgen des 10.06.1980 auf dem Weg zur Arbeit mit seinem Pkw verunfallte. Dabei erlitt er neben Schürfwunden und Prellungen eine dislozierte Patellatrümmerfraktur rechts. Die Beklagte holte D1 B1 das Erste Rentengutachten vom 13.10.1980 (Bl. 34 ff. VerwA) ein, der nach Untersuchung des Klägers als wesentliche Unfallfolgen eine Funktionsminderung (Muskelverschmächtigung) des rechten Beins (Umfang 20 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 36,0 cm ggü. links 41,5 cm, Umfang 10 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 35,0 cm ggü. links 33,5 cm, Umfang 15 cm unterh. inn. Gelenkspalt: 31,0 cm ggü. links 32,0 cm, kleinster Umfang Unterschenkel: beidseits 21,0 cm), eine Bewegungsbehinderung im (rechten) Kniegelenk (Streckung/Beugung 0/0/120° ggü. links 0/0/150°) und „glaubhafte subjektive Beschwerden“ bei Zustand nach in befriedigender Stellung knöchern fest verheiltem Kniescheibentrümmerbruch rechts und operativer Teilentfernung der Patella sowie osteosynthetischer Versorgung des verbliebenen Kniescheibenanteils mittels zweier Kirschnerdrähte beschrieb. Er schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bis 08.12.1980 auf 30 v.H. und sodann auf 20 v.H. ein. In seinem Zweiten Rentengutachten vom 27.04.1981 (Bl. 60 ff. VerwA) dokumentierte D1 eine (nur noch) „etwas“ verschmächtigte Oberschenkelmuskulatur rechts (Umfang 20 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 38,0 cm ggü. links 42,0 cm, Umfang 10 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 35,0 cm ggü. links 34,5 cm, Umfang 15 cm unterh. inn. Gelenkspalt: 32,5 cm ggü. links 33,0 cm, kleinster Umfang Unterschenkel: 21,5 cm ggü. links 22,0 cm) sowie eine „nicht wesentlich eingeschränkte“ Kniebeweglichkeit rechts (Streckung/Beugung 0/0/130° ggü. links 0/0/140°) bei festen Seiten- und Kreuzbändern und unbehindertem Gang. Er schätzte die MdE ab dem 09.12.1980 auf 20 v.H. ein.
Darauf gestützt bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02.06.1981 (Bl. 65 VerwA) „wegen der Folgen des Arbeitsunfalls“ vom 10.06.1980 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H. beginnend am 01.07.1981 bis auf weiteres. Zugleich anerkannte sie als Folgen des Unfalls eine Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk, eine Minderung der Muskulatur des rechten Beins sowie belastungsabhängige Beschwerden im rechten Kniegelenk nach Bruch der rechten Kniescheibe mit Teilentfernung bei noch liegenden Kirschnerdrähten. Unfallunabhängig bestehe ein Zustand nach Schien- und Wadenbeinbruch rechts im Jahr 1963.
In der Folge ging der A1 E1 zunächst noch davon aus, dass die MdE weiterhin 20 v.H. betrage (s. im Einzelnen Gutachten vom 16.04.1982, Bl. 95 ff. VerwA). In seinem weiteren Gutachten vom 13.06.1983 (Bl. 122 ff. VerwA) beschrieb er sodann nach erneuter Untersuchung des Klägers eine deutlich gebesserte Kniegelenksbeweglichkeit rechts sowie eine nur noch geringfügige Muskelminderung des rechten Oberschenkels; die MdE betrage lediglich noch 10 v.H. Nach Anhörung des Klägers entzog die Beklagte daraufhin die Rente mit Ablauf des Monats August 1983 wegen einer wesentlichen Besserung (Bescheid vom 21.07.1983, Bl. 131 VerwA). Im Widerspruchsverfahren holte sie das Gutachten R1 H1 vom 22.09.1983 (Bl. 147 ff. VerwA) ein, der die Einschätzung des A1 bestätigte. Im folgenden Klageverfahren (S 4 U 2908/83; vgl. § 85 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in der bis zum 28.02.1993 geltenden Fassung) beim Sozialgericht Mannheim (SG) holte das Gericht das Sachverständigengutachten S1 vom 05.04.1984 (Bl. 166 ff. VerwA) ein, der die Auffassung vertrat, dass seit dem Gutachten D1 vom 27.04.1981 eine wesentliche Besserung nicht eingetreten sei. Die Beklagte nahm der Sache nach daraufhin den Bescheid vom 21.07.1983 und der Kläger die Klage zurück (vgl. Bl. 192 f. VerwA; s. auch Ausführungsbescheid...