Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Feststellungsklage. Feststellungsinteresse gem § 55 Abs 1 Nr 3 SGG. maßgeblicher Zeitpunkt
Leitsatz (amtlich)
Das berechtigte Interesse einer Klage auf Feststellung von Unfallfolgen nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG setzt voraus, dass der Unfallversicherungsträger in einem vorherigen Verwaltungsverfahren mit der Frage nach dem Vorliegen von Unfallfolgen befasst war; eine ausdrückliche, förmliche Entscheidung des Unfallversicherungsträgers über jede einzelne als Unfallfolge behauptete Gesundheitsstörung ist nicht erforderlich.
Orientierungssatz
Die begehrte Feststellung gem § 55 Abs 1 Nr 3 SGG muss sich auf den Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung in der letzten Tatsacheninstanz beziehen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 01.02.2010 abgeändert. Als Folge des Arbeitsunfalls vom 08.09.2005 werden eine Bewegungseinschränkung am rechten Daumen mit Einschränkung der Abspreizfähigkeit, reizlose Narben am Handgelenk und an der Hand rechts sowie eine Sensibilitätsminderung streckseitig über dem Daumengrundglied rechts sowie über dem zweiten Mittelhandknochen festgestellt.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung von Unfallfolgen und die Weitergewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 08.09.2005.
Im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als selbstständiger Maler und Gerüstbauer fiel dem am 1945 geborenen Kläger, der sich vor vielen Jahren beim Boxsport u.a. auch den Mittelhandknochen der rechten Hand gebrochen hatte (Bl. 83 VA), am 08.09.2005 eine Axt aus ca. 3 m Höhe auf den körperfernen Teil des rechten Unterarms. Hierdurch zog er sich streckseitig über dem rechten Handgelenk eine Schnittverletzung mit einer Durchtrennung der kurzen und langen Handgelenksstrecksehne zu. Die Erstversorgung und Naht der Sehnen wurde im E. R. (dort behandelnder Arzt u.a. Prof. Dr. K. ) durchgeführt. Im weiteren Verlauf kam es noch zu einer Ruptur der Daumenstrecksehne. Deswegen wurde operativ die Umlagerung des Zeigefingerstreckers als Ersatz des Daumenstreckers vorgenommen (sog. Indicis-Plastik).
Die Beklagte gewährte dem Kläger bis zum 26.03.2006 Verletztengeld und mit Bescheid vom 08.06.2006 auf der Grundlage des Ersten Rentengutachtens von Prof. Dr. K. vom Mai 2006 für den Zeitraum vom 27.03.2006 bis 31.05.2007 unter Annahme einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v.H.) eine Rente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung. In der Begründung des Bescheides führte die Beklagte aus, sie habe bei der Bewertung der MdE als Unfallfolgen eine Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit sowie der Daumengelenke, einen inkompletten Faustschluss und eine inkomplette Fingerstreckung, eine Verminderung der groben Kraft um die Hälfte, eine Berührungsempfindlichkeit und Verdickung der Weichteile im Bereich der Handgelenksstrecksehne nach Schnittverletzung mit Durchtrennung der kurzen und langen Handgelenksstrecksehne berücksichtigt.
Auf den Weitergewährungsantrag des Klägers holte die Beklagte bei Prof. Dr. K. das Rentengutachten zur Rentenfeststellung nach Gesamtvergütung vom August 2007 ein. Dieser sah als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung des Handgelenks um insgesamt 80° im Vergleich zur Gegenseite, einen erheblich inkompletten Faustschluss, eine inkomplette Fingerstreckung, eine Bewegungseinschränkung des Daumens, eine Minderung der groben Kraft der Hand, Narbenformationen am Handgelenk und -rücken, eine Verminderung der Handspanne um 2 cm sowie eine Umfangsvermehrung des rechten Handgelenks um 1cm im Vergleich zur Gegenseite. Er ging von einer MdE um 20 v.H. auf Dauer aus. Dem widersprach der beratende Arzt der Beklagten Dr. T. , der Zweifel an der bei der Begutachtung demonstrierten Beweglichkeit äußerte und das ermittelte Funktionsdefizit durch das Verletzungsmuster nicht schlüssig erklärt sah. Einen Teil der inkompletten Fingerstreckung rechts führte er auf eine beim Kläger bestehende Dupuytren___AMPX_’_SEMIKOLONX___Xsche Kontraktur zurück und nahm insgesamt keine MdE in rentenberechtigendem Grade an. Darauf gestützt, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.10.2007 die Gewährung einer Rente nach Gesamtvergütung ab. Zur Begründung führte sie aus, lediglich die Bewegungseinschränkung des Handgelenks sowie ein Teil der inkompletten Fingerstreckung sei als Unfallfolge anzusehen, im Übrigen beruhe die inkomplette Fingerstreckung rechts sowie die Beugekontraktur der Finger auf der Dupuytren___AMPX_’_SEMIKOLONX___Xschen Erkrankung und dem Bruch des ersten Mittelhandknochens im 18. Lebensjahr. Die unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen begründeten zur Zeit nur eine MdE um 10 v.H.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten des Chefarztes und PDen Dr. G. der Plastischen und Handchirurgischen Klinik im Klinikum der Stadt V. e...