Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründungszuschuss. Anspruchsvoraussetzungen. Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung. Tragfähigkeitsbescheinigung. Businessplan. Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. 1 Jahr Verspätung. anderer Ort. Förderungsfähigkeit. Einstieg in ein Unternehmen. Gründungsphase
Leitsatz (amtlich)
Die Tatbestandsvoraussetzung des Nachweises der Tragfähigkeit der Existenzgründung für die Bewilligung eines Gründungszuschusses nach § 93 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB III ist dann nicht mehr erfüllt, wenn das Gründungsvorhaben für einen Dienstleistungsbetrieb erst ein Jahr nach der ursprünglich geplanten Gründung und in einem anderen Ort als im ursprünglichen Businessplan ausgewiesen, aufgenommen wird.
Orientierungssatz
Die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gem § 93 SGB 3 setzt stets voraus, dass eine durch den Gründungszuschuss zu fördernde Gründungsphase vorliegt.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. März 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Bewilligung eines Gründungszuschusses im Streit.
Der 1974 geborene Kläger ist gelernter Diplom-Betriebswirt (FH). Er war im Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. April 2014 bei der Firma R. Industrie Service Süd GmbH & Co. KG im Vertrieb tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Die Ehefrau des Klägers, Frau K. H. (im Folgenden: Ehefrau), gründete im Februar 2011 eine Praxis für Ergotherapie, die e. GmbH, in S. G.. Bis einschließlich 23. Juli 2014 war sie alleinige Gesellschafterin der e. GmbH. Für die Gründung dieses Unternehmens war ihr seitens der Beklagten mit Bescheid vom 30. Mai 2011 ein Gründungszuschuss für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 31. Januar 2012 in Höhe von monatlich 1.227,30 € bewilligt worden. Der Kläger übte seit August 2012 eine Nebentätigkeit als kaufmännischer Angestellter bei der e. GmbH aus.
Am 28. März 2014 meldete sich der Kläger arbeitslos und stellte einen Antrag auf Arbeitslosengeld ab dem 1. Mai 2014. Mit Bescheid vom 6. Juni 2014 wurde ihm Arbeitslosengeld für den Zeitraum 1. Mai 2014 bis 30. April 2015 in Höhe von 46,88 € täglich bewilligt.
Laut handschriftlichem Vermerk der Beklagten stellte der Kläger am 9. Juli 2014 einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Zur Begründung führte er aus, dass er am 24. Juli 2014 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Gesellschafter bzw. Geschäftsführer in S. G. aufnehmen werde. Er legte einen Businessplan zur Erweiterung (Zweig- bzw. Zweitpraxis) der e. GmbH vor. Darin führte er aus, dass er sich mit der Erweiterung der e. GmbH durch eine Zweigniederlassung in M. selbständig machen wolle. Die Zweigniederlassung soll Ende 2014 spätestens Anfang 2015 eröffnet werden. Am 15. Oktober 2014 gab die IHK Ostwürttemberg eine positive Stellungnahme über die Tragfähigkeit des Unternehmens ab. Das Unternehmen benötige zur Überbrückung der Anlaufzeit einen Gründungszuschuss. Den ausgefüllten Antrag legte er am 17. Oktober 2014 bei der Beklagten vor.
Am 24. Juli 2014 schlossen der Kläger und seine Ehefrau einen notariellen Gesellschaftsvertrag, wonach ihm die Ehefrau die Hälfte der bereits eingebrachten Stammeinlagen von 25.000,- €, mithin also 12.500,- €, unentgeltlich übertrug. Der Kläger wurde außerdem mit sofortiger Wirkung neben seiner Ehefrau zum Geschäftsführer bestellt und von § 181 BGB befreit. Am 5. August 2014 zeigte der Kläger die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab dem 24. Juli 2014 als Gesellschafter bzw. Geschäftsführer der e. GmbH bei der Beklagten an. Mit Bescheid vom 11. August 2014 hob die Beklagte das dem Kläger bewilligte Arbeitslosengeld ab dem 24. Juli 2014 auf. Mit Bescheid vom 30. September 2014 stellte die Deutsche Rentenversicherung Bund fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer bei der e. GmbH seit dem 24. Juli 2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde.
Mit Bescheid vom 25. November 2014 lehnte die Beklagte den beantragten Gründungszuschuss ab. Zur Begründung führte sie aus, dass kein unternehmerisches Risiko vorliege. Der Kläger sei in die seit Jahren bestehende Praxis seiner Ehefrau eingestiegen mit dem Ziel der Eröffnung einer zweiten Praxis im Nachbarort M. Ende 2014 bzw. Anfang 2015. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Diesen begründete er damit, dass er schwer vermittelbar sei und von der Beklagten nicht in eine versicherungspflichtige Tätigkeit habe vermittelt werden können. Im Rahmen eines am 23. Juni 2014 stattfindenden Gesprächs mit Frau B. habe er seine Idee der Selbständigkeit vorgebracht. Diese habe ihm ausdrücklich zugesagt, dass er auch dann einen Gründungszuschuss erhalte, wenn er in das Unternehmen seiner Ehefrau miteinsteige. Es liege auch sehr wohl ein unternehmerisches Risiko vor. Durch seinen Eintritt werde die Größe des U...