Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsförderung. Gründungszuschuss. Zeitpunkt der Vorlage der fachkundige Stellungnahme zur Tragfähigkeit der Existenzgründung. Ermessensausübung. Berücksichtigung des Vermittlungsvorrangs. Einzelfallbetrachtung. Bewerbungsaktivitäten
Leitsatz (amtlich)
1. Der Nachweis der Tragfähigkeit durch eine Stellungnahme der fachkundigen Stelle ist zeitnah zur Antragstellung und vor der Aufnahme der hauptberuflichen, selbständigen Tätigkeit durch die Antragsteller zu erbringen.
2. In welchem Umfang im Rahmen der Vermittlung auf offene Stellen hinzuweisen und in welchem Umfang dies zu dokumentieren ist, hängt von der im Einzelfall gegebenen Situation ab, ua von den Bewerbungsaktivitäten des Antragsteller.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 11. September 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung eines Gründungszuschusses.
Der 1968 geborene Kläger ist seit 1998 zugelassener Rechtsanwalt und war seit 2008 als angestellter Rechtsanwalt in einer B Kanzlei tätig. Im Mai 2014 kündigte er das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2014. Mit Schreiben vom 30. Juni 2014 teilte er dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Mecklenburg-Vorpommern mit, er werde ab 1. August 2014 eine Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt aufnehmen.
Am 3. Juli 2014 sprach der Kläger bei der Beklagten vor. In dem entsprechenden Verbis-Vermerk (8:19 Uhr) heißt es hierzu, der Kläger sei als ratsuchend erfasst worden. Als Anliegen wurde vermerkt „Gründungszuschuss, möchte sich ab 01082014 selbständig machen“. Nach einem persönlichen Gespräch mit einer Vermittlungsfachkraft der Beklagten meldete sich der Kläger noch am 3. Juli 2014 arbeitslos und schloss eine Eingliederungsvereinbarung ab. Als Zielsetzung wurde in der Eingliederungsvereinbarung die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 4. August 2014 benannt.
Am 31. Juli 2014 schlossen der Kläger und zwei Kollegen aus seiner ehemaligen Kanzlei einen Partnerschaftsvertrag zur gemeinschaftlichen Berufsausübung als Rechtsanwälte. Danach sollte die Partnerschaft im Innenverhältnis mit dem 4. August 2014 beginnen, im Übrigen mit der Eintragung ins Partnerschaftsregister. Eine Kündigung der Mitgliedschaft sollte frühestens ab 1. Januar 2016 möglich sein. Am 31. Juli 2014 gab der Kläger ferner im Rahmen der Anhörung zum Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung an, er sei sich nicht sicher gewesen, ob er überhaupt Leistungen habe beantragen sollen. In der neu zu gründenden Kanzlei sollten vorerst Altmandate betreut werden, die aber in der „alten Kanzlei“ schon neuen jüngeren Kollegen zugewiesen worden seien. Es sei daher notwendig, sich möglichst schnell selbständig zu machen, um die Mandate zu sichern.
Mit Bescheid vom 1. August 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. August 2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 1. August 2014. Am 7. August 2014 nahm der Kläger seine selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt auf. Mit Bescheid vom 15. August 2014 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis 23. Oktober 2014 fest.
Mit Datum vom 14. November 2014, eingegangen bei der Beklagten am 18. November 2014, übermittelte der Kläger den formularmäßigen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses, in welchem als Tag der Antragstellung der 3. Juli 2014 vermerkt ist. Dem Antrag beigefügt waren u.a. ein Businessplan vom 1. August 2014 sowie eine fachkundige Stellungnahme zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 27. Oktober 2014.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis beendet, um die Selbständigkeit anzutreten. Weitergehende Bewerbungsaktivitäten seien vom Kläger nicht unternommen worden, da die Zielausrichtung der selbständigen Tätigkeit festgestanden habe. Ein Arbeitsmarkt sei für berufserfahrene Rechtsanwälte gegeben.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, er habe sein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt, um sich selbständig zu machen, sondern u.a. aus gesundheitlichen Gründen. Eine konkrete Vorstellung, was er danach machen würde, habe er bei seiner Kündigung noch nicht gehabt. Er habe sich am 3. Juli 2014 arbeitssuchend gemeldet und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Konkrete Arbeitsangebote seien ihm aber von der Beklagten nicht unterbreitet worden. Ein Arbeitsmarkt für berufserfahrene Anwälte, die Mitte vierzig seien, sei nicht gegeben. Zudem habe er keine großen Erwartungen an die Arbeitsvermittlung gehabt. Auch 2008 habe er sich bei der Beklagten arbeitssuchend gemeldet und nur durch Eigeninitiative eine Anstellung bei seinem letzten Arbeitgeber gefunden. Seinen beiden Kollegen, mit denen er sich selbstä...