Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4301. haftungsbegründende Kausalität. Methalymethacrylaten. Gips. allergisierende Wirkung. Rhinopathie. Dentallabor. Student der Zahnmedizin. Zwang zur Berufsaufgabe. Gesuch auf Ablehnung des Sachverständigen. Anerkannter Stand der medizinischen Wissenschaft. Obstruktive Atemwegserkrankung
Leitsatz (amtlich)
Methalymethacrylaten kommt im Rahmen der Berufskrankheit (BK) Nr 4301 keine allergisierende Wirkung der Atemwege zu.
Normenkette
SGB VII § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1-2; BKV Anl. 1 Nrn. 4301-4302; ZPO § 411 Abs. 4, § 406 Abs. 2
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 16. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Atemwegserkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4301 und/oder 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) bzw. als Wie-BK nach § 9 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII).
Der 1950 geborene Kläger nahm nach dem Abitur im Jahr 1970 das Studium an der Universität H. auf, wo er zunächst Psychologie studierte, anschließend ab 1977 Medizin, von 1979-1986 Soziologie, von 1991-2000 Rechtswissenschaften und seit dem Jahr 2001 Zahnmedizin.
Mit Schreiben vom 17.01.2002 zeigte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Badischen Unfallkasse, das Vorliegen einer BK an und gab dazu an, er habe sich im Labor der Universitätszahnklinik H. im Sommersemester eine Allergie gegen Zigarettenrauch sowie nicht ordnungsgemäß gelagerte Werkstoffe (Gips u.a.) zugezogen. Diese Allergie sei chronifiziert, weswegen er ohne Medikamente nicht mehr zurechtkomme und internistisch und otorhinolaryngologisch behandelt werden müsse.
Im Rahmen eines Termins beim Beratungsarzt der Beklagten, Dr. T. (Lungenarzt und Internist), gab der Kläger am 04.02.2002 an, im April und Mai 2001 sowie zwei Wochen im Juli 2001 drei bis vier Stunden täglich im Gipsraum der Zahnklinik der Universität H. Gipsstaub und Zigarettenrauch ausgesetzt gewesen zu sein. Im Gipsraum hätten sich etwa 100 Studenten befunden. Eine Absauganlage habe es nicht gegeben, auch keinen Mundschutz, allenfalls natürliche Belüftung. Beschwerdeauslöser seien Gipsstaub und Zigarettenrauch. Zu früheren Atemwegserkrankungen gab der Kläger an, er leide seit 1986 an einer chronischen Sinusitis mit behinderter Nasenatmung und Beeinträchtigung von Geruch und Geschmack. Die jetzige Symptomatik habe im April/Mai 2001 mit massiv behinderter Nasenatmung und subjektiver Atemnot begonnen und sich in den Semesterferien 2001 gebessert. Dr. T. stellte eine leichtgradige Behinderung der Nasenatmung und einen Normalbefund der Nasennebenhöhlen und des Rachenraums fest. Ein durchgeführter Allergietest ergab intrakutan eine mäßiggradige Sensibilisierung auf die Hausstaubmilbe, Milcheiweiße und Mehle, ohne Nachweis spezifischer IgE-Antikörper dagegen. Ein nasaler Provokationstest mit physiologischer Kochsalzlösung ergab keine Reaktion. Mit Staub von inertem Talkumpuder wurde subjektiv Juckreiz und Zugehen der Nase ausgelöst sowie ein Anstieg des Strömungswiderstands der Nase innerhalb des noch normalen Bereichs. Dr. T. diagnostizierte eine unspezifische Reizbarkeit der Nasenschleimhaut und schloss eine obstruktive Lungenfunktionsstörung aus. Er schlug aber eine Überprüfung der Exposition im Gipsraum vor.
Die Beklagte leitete daraufhin ein Feststellungsverfahren ein. Im BK-Fragebogen gab der Kläger unter dem 14.03.2002 an, er leide seit Ende April/Anfang Mai 2001 an Brennen in der Nase, Trockenheit und Nasenlaufen. Er habe zwischen 1970 und 1977 täglich 15 Zigaretten geraucht und von 1984 bis 1994 ca. 5-10 Zigaretten täglich. Atemwegserkrankungen seien früher im üblichen Rahmen (Infekte/Schnupfen) aufgetreten, stärker ausgeprägt 1996/97. Er sei im Wintersemester 2001/02 und im Sommersemester 2002 wegen Krankheit beurlaubt gewesen.
Die Beklagte zog Unterlagen über frühere Erkrankungen des Klägers bei, darunter eine Bescheinigung des Dr. S. (Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, K.) vom 04.01.2002, der unter Bezugnahme auf ein beigefügtes Attest von Dr. W. (Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, H.) vom 06.08.1985 ausführte, der Kläger leide seit 1985 unter einer chronischen Sinusitis maxillaris mit Zyste in der Kieferhöhle. Seit 1985 finde regelmäßig eine Dauerbehandlung wegen Kieferhöhlenbeschwerden statt, seit 1998 bei ihm. In einer weiteren (undatierten) Bescheinigung gab Dr. S. an, die letzten Behandlungen wegen Sinusitis maxillaris seien am 11.06.2001 sowie im Dezember 2001 erfolgt. Es seien Therapien mit to-pischen Kortikoiden und Mukolytika durchgeführt worden. Im Rahmen der Sinusitis hätten auch Störungen der Geruchs- und Geschmackswahrnehmung bestanden.
Die Beklagte befragte weitere behandelnde Ärzte des Klägers. Der Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. H. teilte mit Schreiben vom 2...