Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4301. obstruktive Atemwegserkrankung. arbeitstechnische und arbeitsmedizinische Voraussetzung. allergisierende Stoffe. Tonerstaubpartikel- oder Laserdruckemissionen. aktueller medizinisch-wissenschaftlicher und epidemiologischer Erkenntnisstand. Kopierer in Vervielfältigungsstelle
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer obstruktiven Atemwegserkrankung eines Vervielfältigers mit vierjähriger Tätigkeit in einem Kopierraum als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4301, da sowohl nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft als auch nach dem epidemiologischen Erkenntnisstand nicht von einer generellen Eignung von Tonerstaubpartikel- oder Laserdruckemissionen, beim Menschen Gesundheitsschäden verursachen zu können, ausgegangen werden kann.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 22. September 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Unfallkasse des Bundes (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) die Anerkennung und Entschädigung seiner Atemwegserkrankungen als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) in Verbindung mit Nrn. 4301/4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung - BKV - (BK 4301/BK 4302). Streitig ist im Berufungsverfahren noch die Anerkennung und Entschädigung der BK 4301.
Der 1955 geborene Kläger war als Koch von 1970 bis 1987 in einem Küchenbetrieb der Bundeswehr und anschließend beim Bundesgrenzschutz in A-Stadt beschäftigt. Vom 17. Mai 1999 bis zum 28. April 2003 übte der Kläger eine Tätigkeit als Vervielfältiger in einem Kopierraum im Aus- und Fortbildungszentrum Mitte des Bundesgrenzschutzes in C-Stadt aus. Anschließend erfolgte die Umsetzung in die Kleiderkammer. Ab dem 5. Mai 2003 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Seine Tätigkeit beim Bundesgrenzschutz nahm er danach nicht wieder auf. In der Folgezeit wurde er berentet.
Bereits mit Schreiben vom 7. April 2003, bei der Beklagten eingegangen am 8. April 2003, hatte der Kläger die Anerkennung seiner Erkrankungen (häufige Asthmaanfälle, Husten mit Atemnot, Hautjucken am ganzen Körper, offene Handekzeme, ganzjähriger Schnupfen, eingetrocknete Nasenschleimhäute, Brennen und Jucken in den Augen, Stimmbänderlähmung, Kopfschmerzen und Schwächung des Immunsystems) als Berufskrankheit beantragt und zur Begründung ausgeführt, er habe in einem ca. 30 m² großen Raum, der mit zwei Kopierern und einem Hochleistungsdrucker ausgestattet gewesen sei, täglich Kopier- und Druckaufträge im Umfang von 5.000 bis 10.000 Blatt ausgeführt. Etwa zweieinhalb Jahre zuvor habe er Probleme mit seiner Atmung bekommen. Sein Gesundheitszustand habe sich zunehmend verschlechtert. Er habe sich daraufhin einer lungenfachärztlichen Untersuchung in der Fachklinik für Lungenerkrankungen in D-Stadt unterzogen. Dort sei der behandelnde Arzt Dr. D., Internist - Allergologie, zu der Einschätzung gekommen, dass der Kläger wegen der chronischen Atemwegserkrankung an seinem Arbeitsplatz als Vervielfältiger nicht verbleiben könne. Trotz Vorlage der ärztlichen Bescheinigung des Dr. D. vom 3. April 2002 habe sein Arbeitgeber seinem Wunsch nach Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz zunächst nicht entsprochen.
Die Beklagte veranlasste unter dem 27. Februar 2004 die Erstellung einer Arbeitsplatzanalyse und die Prüfung der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 4302. In einem Vermerk der Abteilung Arbeitsschutz und Prävention der Beklagten vom 10. Mai 2004, der sich auf die Tätigkeit des Klägers als Vervielfältiger im Aus- und Fortbildungszentrum des Bundesgrenzschutzes in C-Stadt in der Zeit von Mai 1999 bis Mai 2003 bezieht, wird festgestellt, dass der Ausstoß von Tonerstaub als eigentliches Problem angesehen werde. Es sei ständig Staub auf allen Flächen einschließlich der sich im Raum aufhaltenden Personen abgelagert worden. Die Tonerstaubbelastung sei messtechnisch bisher nicht erfasst worden. Es werde gemäß den Studien der Verwaltungs BG eingeschätzt, dass die in geringen Mengen entstandenen chemisch-irritativen oder toxischen Stoffe beim Umgang mit Toner nicht für die obstruktive Atemwegserkrankung verantwortlich seien. Zu beachten seien jedoch die besonderen Bedingungen, unter denen der Kläger vier Jahre lang tätig gewesen sei (drei nicht abgeschirmte Geräte in einem Raum, überdurchschnittlich große Stückzahl an Kopien).
Die Beklagte holte ein Sachverständigengutachten bei Prof. Dr. E. / Dr. D., Fachklinik für Lungenerkrankungen in D-Stadt, ein. Diese diagnostizierten in ihrem pneumologisch-allergologischen Gutachten vom 27. November 2004 u. a. ein primär atopisches Asthma bronchiale mit allergischer Rhinopathie bei umfangreichem Sensibilisierungsspekt...