Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Tanzpädagogin. selbstständige künstlerische Tätigkeit. Befreiung von der Versicherungspflicht auf Antrag. Ablauf der Frist für die Erklärung zur Beendigung der Befreiung. Unwiderruflichkeit der Versicherungsfreiheit auch bei Unterbrechung der Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Eine auf Antrag nach § 6 Abs 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) erteilte Befreiung von der Krankenversicherungspflicht führt, wenn sie nicht nach § 6 Abs 2 KSVG innerhalb der Frist des § 3 Abs 2 KSVG widerrufen wird, zu einer endgültigen Versicherungsfreiheit. Auch eine jahrelange Unterbrechung der selbständigen künstlerischen Tätigkeit führt nicht zu einem Wegfall der Versicherungsfreiheit.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.10.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Feststellung der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ab dem 01.05.2018.
Die am … 1979 geborene Klägerin ist diplomierte Tanzpädagogin. Sie war zunächst ab September 2004 als freie Mitarbeiterin in verschiedenen Tanz- und Ballettschulen stundenweise tätig.
Mit Bescheid vom 22.10.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.09.2004 Versicherungspflicht nach § 1 KSVG bestehe. Auf ihren Antrag vom 28.10.2004 wurde die Klägerin von der Beklagten mit Bescheid vom 20.12.2004 von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ab dem 01.09.2004 befreit, sodass dementsprechend Versicherungsfreiheit in der Pflegeversicherung nach § 5 Abs 2 Nr 2 KSVG bestand. Sie erhielt in der Folgezeit von der Beklagten jeweils Zuschüsse für ihren Aufwand zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Mit Schreiben vom 02.07.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Berufsanfängerstatus zum 31.08.2007 ende. Bis zu diesem Datum habe die Klägerin die Möglichkeit, einen Antrag auf Beendigung der Befreiung zu stellen. Werde der Antrag rechtzeitig gestellt, beginne die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach Ablauf der Berufsanfängerzeit. Auch wenn die Klägerin zur Zeit nicht nach dem KSVG zuschussberechtigt sei oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften versichert sein solle, sei es für den Fall einer erneuten Mitgliedschaft unerlässlich, den Antrag auf Beendigung trotzdem bis zum 31.08.2007 zu stellen. Sobald die Klägerin kein Berufsanfänger mehr sei, bestehe keine Möglichkeit mehr, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG zu begründen. Die Befreiung in der Kranken- und Pflegeversicherung sei dann unwiderruflich. Im April 2011 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ihre künstlerisch selbständige Tätigkeit als Tanzpädagogin zum 31.03.2011 aufgegeben habe. Mit Bescheid vom 08.04.2011 stellte die Beklagte das Ende der Versicherungspflicht nach § 1 KSVG sowie das Ende der Zuschussberechtigung zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 10 bzw § 10 a KSVG zum 31.03.2011 fest.
Ab Mai 2018 nahm die Klägerin (die zwischenzeitlich über ihren Ehemann familienversichert war) ihre stundenweise Tätigkeit als Tanzpädagogin in zwei Ballettschulen wieder auf. Auf Nachfrage der Beklagten schätzte sie ihr voraussichtliches Jahreseinkommen bis Ende 2018 auf 3.600,- €. Ihre Tätigkeit wolle sie weiter ausbauen.
Mit Bescheid vom 31.08.2018 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung ab dem 01.05.2018 fest. Hinsichtlich der Krankenversicherung bestehe ab dem 01.05.2018 Befreiung nach § 6 KSVG, hinsichtlich der Pflegeversicherung ab dem 01.05.2018 Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs 2 Nr 2 KSVG. Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG sei für die Klägerin nicht möglich, da sie zum Zeitpunkt der Feststellung der Versicherungspflicht gemäß § 6 KSVG als Berufsanfängerin das Wahlrecht zu Gunsten einer privaten Versicherung ausgeübt habe. Dieses Wahlrecht sei unwiderruflich.
Hiergegen erhob die Klägerin am 11.09.2018 Widerspruch mit dem Begehren, dass auch in der Kranken- und Pflegeversicherung Versicherungspflicht festgestellt werden solle. Zwar sei sie als Berufsanfängerin im Jahre 2004 von der Versicherungspflicht befreit worden. Allerdings sei sie im Zeitraum April 2011 bis April 2018 nicht selbständig tätig gewesen, sondern gesetzlich versichert. Ab dem 01.05.2018 handele es sich um einen komplett neuen Versicherungstatbestand. Die Befreiung beziehe sich entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nur auf den jeweiligen Versicherungstatbestand.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 8 SGB V zur Befreiung in de...