Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögen. eheähnliche Gemeinschaft. Verlängerung der Vorfrist. zeitlicher Anwendungsbereich des § 134 Abs 1 S 3 Nr 1 AFG
Orientierungssatz
1. Zur eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 137 Abs 2a AFG.
2. § 134 Abs 1 S 3 AFG ist nicht auf solche Sachverhalte anwendbar, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits verwirklicht waren (vgl LSG Stuttgart vom 18.6.1998 - L 12 AL 3479/97).
3. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet keine andere Auslegung.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zwischen dem Kläger und der Zeugin W (W.) eine eheähnliche Lebensgemeinschaft besteht und das Einkommen der W. auf die Arbeitslosenhilfe (Alhi) des Klägers anzurechnen ist.
Der 1944 geborene Kläger erhielt in der Vergangenheit (mit Unterbrechungen) seit 01.04.1985 schon mehrfach Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Seit 19.08.1993 bezog er Anschluß-Alhi (Bescheid vom 31.08.1993 -- Bl. 19 Bd. II, XII Verw.-Akte -- Bescheid vom 30.11.1994 -- Bl. 39 --, Bescheid vom 04.04.1995 -- Bl. 49 --, Bescheid vom 15.08.1995 -- Bl. 75 -- und Bescheid vom 28.11.1995 -- Bl. 84 --).
Aufgrund einer anonymen Anzeige (Bl. 88 Verw.-Akte) erhielt die Beklagte im Februar 1996 Kenntnis davon, daß der Kläger entgegen seinen Angaben in den Alhi-Anträgen mit W. in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammenlebe. Die Beklagte erstattete in diesem Zusammenhang auch eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft K, die am 02.07.1996 eine Durchsuchung der Wohnräume des Klägers veranlaßte. Der Kläger gab bei dieser Durchsuchung einem Mitarbeiter der Beklagten gegenüber an, daß er mit W. seit 01.10.1974 zusammenlebe, zuerst in F, nunmehr in P-B. Im Hause würden alle Zimmer sowie Einrichtungen gemeinsam benutzt. Die Nebenkosten für die Wohnung trage er alleine. Mietkosten fielen für W. nicht an. Der Lebensunterhalt werde nicht aus einer gemeinsamen Kasse bestritten, die Lebensmittel würden vielmehr im Wechsel eingekauft. Auch würden die für den sonstigen Lebensbedarf bestimmten Güter nicht gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft und bezahlt (Bl. 98/99 Verw.-Akte).
Mit Schreiben vom 29.07.1996 (Bl. 104 Verw.-Akte) forderte die Beklagte den Kläger daraufhin auf, die Verdienstbescheinigung der W. als Partnerin/Lebensgefährtin des Klägers vorzulegen. Leistungen seien im übrigen ab 23.07.1996 vorläufig eingestellt worden. Der Kläger verweigerte die Vorlage der Bescheinigung mit der Begründung, daß eine eheähnliche Gemeinschaft mit W. nicht bestehe. W. erklärte in diesem Zusammenhang mit Schreiben vom 06.08.1996 (Bl. 106 Verw.-Akte) ergänzend, daß man 1975 zusammengezogen sei mit der Erwartung, daß keiner an den anderen irgendwelche finanziellen Ansprüche habe, weder für die Gegenwart noch für die Zukunft. Auch sei eine Eheschließung nie in Betracht gezogen worden. Von Anfang an habe eine exakte Kostentrennung in der Lebenshaltung und insbesondere in der Haushaltsführung bestanden. Der Kläger habe keine Befugnis über ihr Einkommen und ihre Vermögensgegenstände, ebensowenig wie sie im Umkehrfall. Ihr Einkommen diene ausschließlich dazu, ihre eigenen Bedürfnisse zu stillen und ihren Verpflichtungen nachzukommen. Es bestehe auch kein gegenseitiges Einstehen in Notfällen (Krankheit, finanzielle Notlage u.ä.). Anläßlich des Umzuges 1984 in das allein dem Kläger gehörende Reihenhaus habe sie das damals fehlende Mobiliar gekauft und sich damit ein gewisses Wohnrecht erworben.
Mit weiterem Schreiben vom 15.08.1996 (Bl. 111 Verw.-Akte) forderte die Beklagte den Kläger unter Fristsetzung erneut auf, die Verdienstbescheinigung der W. vorzulegen. Der Kläger lehnte dies erneut ab.
Mit Bescheid vom 01.10.1996 (Bl. 117 Verw.-Akte) entzog die Beklagte dem Kläger Alhi ab 04.10.1996, da er die Verdienstbescheinigung der W. nicht vorgelegt habe. Damit habe er die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert, weshalb die Alhi entzogen werden müsse. Mit Bescheid vom 04.10.1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger noch für den Zeitraum vom 23.07.1996 (vorläufige Einstellung der Alhi) bis 04.10.1996 Alhi.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch (Bl. 146/147 Verw.-Akte). Zur Begründung trug er vor, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft sei nicht gegeben. Das von W. erzielte Einkommen diene ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse und zur Erfüllung eigener Verpflichtungen. Es bestehe eine exakte Kostentrennung der Lebenshaltung und Haushaltsführung. Da eine eheähnliche Gemeinschaft nicht vorliege, sei auch eine entsprechende Verdienstbescheinigung nicht vorzulegen. Hiervon habe sich im übrigen ein früherer Mitarbeiter der Beklagten bereits im September 1986 überzeugt. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.1996 (Bl. 160 Verw.-Akte) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach ihrer Überzeugung lebe der Kläger in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit W. Hierfür spreche, daß beide bereits seit 1974 zusammenlebten. 1984 seien si...