Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. technischer Redakteur. Erstellen von Handbüchern und Bedienungsanleitungen. Bereich Publizistik
Orientierungssatz
Die Tätigkeit eines technischen Redakteurs, der mit dem Erstellen von Handbüchern und Bedienungsanleitungen befaßt ist, wird nicht vom dem Begriff Publizistik iS des KSVG erfaßt, mit der Folge, daß keine Versicherungspflicht nach dem KSVG besteht.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob die am 24. September 1957 geborene Klägerin in der Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 1997 nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) versicherungspflichtig gewesen ist.
Unter dem 07. März 1995 teilte die Klägerin der Beklagten schriftlich mit, daß sie ab 01. April 1995 als "technische Redakteurin" freiberuflich tätig sein werde. Den ihr daraufhin von der Beklagten zugeleiteten Fragebogen sandte die Klägerin nebst u.a. einem Lebenslauf und einiger Zeugnisse früherer Arbeitgeber, der Bestätigung des B B vom 02. Oktober 1995 und einer von ihr verfaßten Bedienungsanleitung für das "Maschinenterminal 2480" der Firma M/K Anfang Oktober 1995 an die Beklagte zurück. Diesen Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 25. Oktober 1995 mit der Begründung ab, die Klägerin unterliege als technische Redakteurin nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG. Der technische Redakteur erstelle überwiegend technische Dokumentationen (z.B. EDV-Handbücher, Bedienungsanleitungen), die im Regelfall nur einen begrenzten Benutzerkreis ansprächen. Diese Druckerzeugnisse seien keine "Publikationen" im Sinne des KSVG.
Mit ihrem Widerspruch schilderte die Klägerin eingehend die Phasen der Tätigkeit eines technischen Redakteurs von der Sammlung der notwendigen Informationen über Verwendungszweck und Funktionsweise des jeweiligen Geräts über die Grundkonzeption für die Abfassung der Bedienungsanleitung selbst unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Benutzerkreises bis hin zum Umfang des möglichen Interessentenkreises. Ferner stellte sie Vergleiche zwischen der Tätigkeit des technischen Redakteurs und derjenigen eines allgemein tätigen Journalisten an. Der Widerspruch blieb jedoch erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsausschusses für den Bereich Wort vom 09. Februar 1996).
Mit der zum Sozialgericht (SG) Reutlingen erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter und machte vor allem geltend, schon nach dem Fragebogen der Beklagten werde bei "Redakteuren" nicht nach einzelnen Sparten differenziert. Ihre Arbeit bestehe vor allem im Erstellen von Dokumentationen, Bedienungsanleitungen sowie Handbüchern im Technik- und Softwarebereich. Gerade die letztgenannten Druckerzeugnisse seien auch für einen größeren Leserkreis von Interesse. Sie erstelle auch andere Druckwerke, etwa Seminarunterlagen und Installationshilfen. Abgesehen davon habe die Beklagte bei einer Berufskollegin die Versicherungspflicht anerkannt. Für die Richtigkeit ihrer Auffassung spreche auch das von ihr vorgelegte Gutachten des G P vom 11. November 1996, wonach die Tätigkeit einer technischen Redakteurin in hohem Maß eine eigenschöpferische Leistung darstelle, die mit einer gedanklichen Würdigung des Arbeitsgegenstandes unabdingbar und notwendig verbunden sei. Die entsprechende Tätigkeit sei durchaus mit derjenigen eines Schriftstellers oder Musikers vergleichbar. Im übrigen sei sie ab 01. November 1997 im Angestelltenverhältnis beschäftigt und wolle deshalb nur bis 31. Oktober 1997 ihre Versicherungspflicht nach dem KSVG festgestellt haben.
Die Beklagte trat der Klage unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsmeinung entgegen und legte in Kopie den Beschluß des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. Oktober 1996 (3 BK 11/96) vor. Sie vertrat die Ansicht, die Erstellung von Bedienungsanleitungen könne einer journalistischen Tätigkeit nicht gleichgestellt werden, da diese jeweils einem konkreten Produkt zugeordnet sei. Mit dem sogenannten Gutachten, das die Klägerin vorgelegt habe, brauche sie sich deshalb nicht zu befassen. Es sei zwar richtig, daß für die von der Klägerin benannte Kollegin E K in einer Paralleltätigkeit wie derjenigen der Klägerin nach deren bei der Beklagten vorliegenden und mit deren Einwilligung dem SG zur Verfügung gestellten Verwaltungsakten für die Zeit vom 19. Juli 1994 bis 31. Januar 1996 Versicherungspflicht nach dem KSVG festgestellt worden sei. Allerdings wäre dies nach dem erwähnten Beschluß des BSG vom 15. Oktober 1996 derzeit nicht mehr möglich. Rechte könne die Klägerin daraus nicht herleiten.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 1997 den Sach- und Streitstand mit der Klägerin erörtert, die Akte der E K beigezogen und durch Urteil vom 29. Januar 1998 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Februar 19...