Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben. Kosten für Studienassistenz für ein duales Studium. sonstige Hilfe. besondere Leistung. eingliederungsbegleitender Dienst. Leistungsverpflichtung der BA
Leitsatz (amtlich)
Bei den Kosten für Studienassistenz im Rahmen eines dualen Studiums handelt es sich um besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 109 Abs 2 SGB III aF iVm § 33 Abs 3 Nr 6 SGB IX aF (bzw § 127 Abs 2 SGB III nF (ab 01.04.2012) iVm § 49 Abs 3 Nr 7 SGB IX nF (ab 01.01. 2018), für welche die Bundesagentur für Arbeit vorrangig zur Leistung verpflichtet ist.
Normenkette
SGB III § 25 Abs. 1 S. 2, § 49 Abs. 3 Nr. 7, §§ 112, 113 Abs. 1 Nr. 2, § 117 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 118 S. 1 Nr. 3, § 127 Abs. 1-2; SGB III a.F. § 33 Abs. 3 Nr. 6, § 60 Abs. 1, §§ 97, 98 Abs. 1 Nr. 2, §§ 99, 101 Abs. 2, § 102 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 103 S. 1 Nr. 3, § 109 Abs. 1-2; SGB IX Fassung: 2001-06-19 § 2 Abs. 1 S. 1; SGB IX Fassung: 2001-06-19 § 5 Nr. 2; SGB IX Fassung: 2001-06-19 § 6 Abs. 1 Nr. 2; SGB IX Fassung: 2001-06-19 § 8 Abs. 1 Nr. 3; SGB IX Fassung: 2001-06-19 § 33 Abs. 3 Nr. 4; SGB IX Fassung: 2001-06-19 § 33 Abs. 3 Nr. 6; SGB IX Fassung: 2001-06-19 § 33 Abs. 8 S. 1 Nr. 3; SGB XII §§ 2, 53 Abs. 1 S. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2; SGB X § 103 Abs. 1, § 104 Abs. 1 Sätze 1-4, § 108 Abs. 2, § 111 S. 1; GG Art. 3 Abs. 3 S. 2, Art. 12, 20 Abs. 3; BGB § 291; SGB I § 44 Abs. 1; SGG § 197a Abs. 1; VwGO §§ 154, 161 Abs. 1, § 162 Abs. 3; GKG § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 S. 1
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 8. Dezember 2017 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die von ihr in der Zeit vom 2. November 2010 bis 31. Oktober 2013 für den Betroffenen übernommenen Kosten in Höhe von 47.250 € zu erstatten. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagten hat die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge zu erstatten, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert wird endgültig auf 47.250 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für die Gewährung von Leistungen der Studien- und Arbeitsassistenz während eines dualen Studiums.
Die Klägerin gewährte seit 1. September 2010 für den am ... Mai 1991 geborenen Herrn U. (Betroffener), der an einer progressiven Muskeldystrophie mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 100 leidet und aufgrund der Schwere der Erkrankung einen Assistenzbedarf von 24 Stunden täglich hat, Leistungen der Schwerbehindertenassistenz bzw. Arbeitsassistenz nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Zum 1. Oktober 2010 nahm der Betroffene ein dreijähriges duales Studium zum Bachelor of Science in der Fachrichtung Angewandte Informatik (mit Studium im Rahmen der Berufsakademie) auf und schloss einen entsprechenden Ausbildungsvertrag mit der Firma I. Deutschland Management & Business Support GmbH (vgl. Ausbildungsvertrag vom 21. Oktober 2009).
Nachdem eine Verlängerung des Studiums um einen Monat erfolgte, beendete der Betroffene das Studium am 31. Oktober 2013 erfolgreich und ist seit 1. November 2013 bei I. versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 informierte die Klägerin die Beklagte über den Beginn des Studiums und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe ihrer Aufwendungen für die Dauer der Leistungsgewährung geltend. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 23. Dezember 2010 mit, es könnten nur die Zeiten der praktischen Ausbildung berücksichtigt werden (Ausbildungsassistenz) und erstattete dementsprechend in der Folge die Leistungen der Arbeitsassistenz für den praktischen Teil des Studiums für den Zeitraum Oktober 2010 bis September 2013. Mit weiterem Schreiben vom 29. Januar 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, einem weiteren Erstattungsanspruch könne nicht entsprochen werden. Die Kostenträger- und Zahlungspflicht seitens der Beklagten als zuständigem Rehabilitationsträger sei gemäß § 33 Abs. 8 Nr. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) für die Arbeitsassistenz vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2013 erfüllt. Die Kostenerstattung ab dem 1. Oktober 2013 sei beim zuständigen Integrationsamt geltend zu machen.
Mit Schreiben vom 13. November 2013 und 14. Februar 2014 beantragte die Klägerin beim Beigeladenen die Erstattung der Kosten für die Zeit ab 1. Oktober 2013. Diese Beigeladene anerkannte mit Schreiben vom 26. März 2014 den Erstattungsanspruch für die Monate November und Dezember 2013 dem Grunde nach und sicherte mit Bescheid vom 19. Mai 2014 die Erstattung der Kosten der notwendigen Arbeitsassistenz für die Monate November und Dezember 2013 in Höhe von insgesamt 1.782 € zu. Mit Schreiben vom 6. Juni 2014 erklärte sich der Beigeladenen darüber hinaus bereit, der Klägerin die Kosten für die Monate Januar und Februar 2014 zu erstatten. Der Monat Oktober 2013 sei mit der Beklagten abzurechnen.
Mit Schreiben vom 25. August 2014 bezifferte die Klägerin gegenüber der Beklag...