Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragsbemessung. Bezug einer Altersrente aus der Zweiten Säule der schweizerischen Altersversorgung nach dem schweizerischen Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG). der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente aus dem Ausland. Beitragsfreiheit nach § 228 Abs 1 SGB 5 idF vom 9.12.2004. Beitragserstattungsanspruch. Entstehen durch Aufhebung eines die Beitragspflicht feststellenden Verwaltungsakts. Beginn der Verjährung

 

Orientierungssatz

1. Bei der von einer Schweizer Pensionskasse nach den Regelungen des schweizerischen Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) gezahlten Altersrente handelt es sich nicht um einen ausländischen Versorgungsbezug, sondern um eine der Regelaltersrente nach deutschem Recht vergleichbaren ausländische Rente, die nach § 228 Abs 1 SGB 5 idF vom 9.12.2004 nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterlag.

2. Einem Beitragserstattungsanspruch, der erst durch Aufhebung eines die Beitragspflicht feststellenden Verwaltungsakts entsteht, kann wegen Zeitablaufs unter Umständen von vornherein die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden.

 

Normenkette

SGB V § 228 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 11, § 220 Abs. 1 S. 1, § 223 Abs. 2 S. 1, § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 2, § 237 S. 1; SGB IV § 26 Abs. 2, § 27 Abs. 2-3, § 23 Abs. 1 S. 5; VO EG 883/2004 Art. 5

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen B 12 KR 4/15 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11.04.2013 wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob monatliche Geldleistungen, die der Kläger von der schweizerischen Pensionskasse der SIG N. am R/Schweiz (im Folgenden SIG) erhält, im Rahmen der Beitragserhebung in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu berücksichtigen sind und ab welchem Zeitpunkt ggf eine Erstattung überzahlter Beiträge zu erfolgen hat.

Der 1941 geborene Kläger war vom 05.11.1991 bis zum 31.12.2008 (Wechsel der Krankenkasse) bei der Beklagten als Rentner pflichtversichert. Er bezieht monatlich eine Regelaltersrente der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (DRV), eine Rente der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung/Invalidenversicherung (AHV-Rente; sog Erste Säule der schweizerischen Altersversorgung) und von der SIG Leistungen iHv von zunächst umgerechnet 1.329,75 DM (Stand November 1992), ab 1999 iHv 1.718,94 DM, ab 2000 iHv 1.973,94 DM, ab 2001 iHv 2.211,20 DM und ab 2002 iHv 1.223,22 €. Die Leistungen der SIG beruhen auf den Regelungen des schweizerischen Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG), sog Zweite Säule der schweizerischen Altersversorgung.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 04.03.1993 stellte die Beklagte fest, dass der von der SIG erhaltene Versorgungsbezug ab 01.11.1992 beitragspflichtig in der Krankenversicherung sei und setzte entsprechende Beiträge fest. Die Erhöhungen der Leistungen der SIG berücksichtigte die Beklagte mit bestandskräftigen Beitragsbescheiden vom 27.04.1999, 10.03.2000, 14.03.2001 und 11.02.2002. Auf die AHV-Rente wurden keine Beiträge erhoben, da diese als beitragsfreie gesetzliche Rente aus dem Ausland angesehen wurde.

Zum 01.01.2004 wurde anstelle des bisherigen halben allgemeinen Beitragssatzes für Versorgungsbezüge der volle Beitragssatz eingeführt (§ 248 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) idF ab 01.01.2004, Gesetz vom 14.11.2003, BGBl I, 2190). Mit Bescheid vom 04.02.2004 forderte die Beklagte entsprechend ab 01.01.2004 höhere Beiträge aus den Leistungen der SIG. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 01.03.2004; er hielt die gesetzliche Neuregelung für verfassungswidrig. Die Beklagte stellte das Widerspruchsverfahren unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung wunschgemäß zunächst ruhend. Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in mehreren Nichtannahmebeschlüssen davon ausgegangen war, die Neuregelung sei verfassungsgemäß (zB 07.04.2008, 1 BvR 2325/07, SozR 4-2500 § 248 Nr 4), rief der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 29.11.2010 das Verfahren wieder an und machte geltend, es handele sich bei der Rente der Pensionskasse nicht um Versorgungsbezüge iSv Renten der betrieblichen Altersversorgung.

Die Beklagte wertete den Schriftsatz als Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und lehnte diesen mit Bescheid vom 19.05.2011 ab. Bei der Rente des Klägers aus der sog Zweiten Säule der schweizerischen Altersversorgung handele es sich um ausländische Versorgungsbezüge iSv § 229 SGB V, die beitragspflichtig seien. Der Bescheid der Beklagten enthielt keinen Hinweis, dass er auch im Namen der Pflegekasse ergeht.

Der Bevollmäch...

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