Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Vertretungsbefugnis eines Rentenberaters in Schwerbehindertenangelegenheiten. Antragsverfahren zur GdB-Neufeststellung als Rechtsdienstleistung. Bezug zu einer Rente. registrierter Alterlaubnisinhaber. Bindung eines Revisionsurteils zwischen den Parteien für gleiche Rechtsfragen in Fällen mit anderem Sachverhalt

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vertretung eines Antragstellers im Verfahren auf Neufeststellung des Grades der Behinderung nach dem SGB IX stellt eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs 1 RDG dar, die von einem Rentenberater nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 RDG erbracht werden darf und den Bezug zu einer gesetzlichen Rente voraussetzt.

 

Orientierungssatz

1. Um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG handelt es sich auch bei einem Verfahren nach § 44 SGB 10 auf Überprüfung eines bestandskräftigen Bescheids.

2. Zwar ist vorliegend ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen, weil das hiesige Verfahren - im Unterschied zu dem zwischen den Beteiligten geführten Revisionsverfahren (BSG vom 24.9.2020 - B 9 SB 2/18 R = SozR 4-1741 § 3 Nr 1) - die Zurückweisung des Rentenberaters in einem Neufeststellungsverfahren betrifft.

3. Dies ändert aber nichts daran, dass durch das zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens geführte Revisionsverfahren (BSG vom 24.9.2020 - B 9 SB 2/18 R aaO) geklärt ist, dass der Kläger Rechtsdienstleistungen im Bereich des Schwerbehindertenrechts nur mit einem Bezug zu einer gesetzlichen Rente erbringen darf.

4. Es kommt nicht in Betracht, durch immer neue Prozesse identische Streitfragen zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen und damit die Rechtskraft der höchstrichterlichen Entscheidung letztlich auszuhöhlen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. November 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird für beide Instanzen endgültig auf 5.000 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Zurückweisung als Bevollmächtigter in einem Verwaltungsverfahren um die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB).

Der Kläger ist als Rentenberater tätig. Er besaß seit dem 20. September 1977 eine vom Präsidenten des Amtsgerichts (AG) Karlsruhe nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) erteilte Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten mit der Beschränkung auf das Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Präsident des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg erteilte ihm am 14. November 1977 die Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem LSG Baden-Württemberg. Am 30. Juni 1982 erteilte das AG Karlsruhe die Erlaubnis für den Sachbereich „Rentenberater“. Der Präsident des LSG Baden-Württemberg erweiterte am 24. Januar 1984 die bisherige Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor dem SG und dem LSG Baden-Württemberg auf den Sachbereich „Rentenberatung“ im Sinne des Art. 1 § 1 Satz 2 Nr. 1 RBerG.

Nach Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) wurde zuletzt am 2. April 2015 durch den Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe (LG) als zuständiger Registrierungsbehörde nachfolgende Eintragung bekanntgemacht:

registrierte Erlaubnisinhaber

- Rechtsbeistand auf dem Gebiet des Sozial- und Rentenrechts;-Rechtsbeistand/Prozessagent mit Befugnis nach § 73 Abs. 6 SGG vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen-Bremen, Bayern, auf dem Gebiet des Sozial- und Rentenrechts mündlich zu verhandeln.

- Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiet des Schwerbehinderten- und Kassenarztrechts sowie auf dem Gebiet der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Eingeschlossen ist die Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor allen Sozial- und Landessozialgerichten. Die Registrierung ist mit der Auflage verbunden, fremde Gelder unverzüglich an eine empfangsberechtigte Person weiterzuleiten oder auf ein gesondertes Konto einzuzahlen.

Am 27. Dezember 2017 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Vollmacht für die 1961 geborene S. (Antragstellerin) bei dem Landratsamt O (LRA) die Neufeststellung des GdB. Bei der Antragstellerin war zuletzt mit Bescheid vom 2. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2015 ein GdB von 40 festgestellt worden.

Das LRA hörte den Kläger zu einer Zurückweisung nach § 13 Abs. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an (Schreiben vom 5. Januar 2018). Es wurde dargelegt, dass Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen seien, wenn sie entgegen § 3 RDG Rechtsdienstleistungen erbrächten. Über § 3 RDG fänden die Regelungen des § 10 RDG Anwendung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse auch für Rentenberater mit einer „Alterlaubnis“, die in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts als Bevollmächtigte aufträten, ein Bezug zu einer ...

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