Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der über keine Sperrminorität verfügt und dessen Anstellungsvertrag mit der GmbH mehr für eine selbständige als für eine abhängige Beschäftigung spricht, ist dennoch abhängig beschäftigt, weil er bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden ist, kraft seines Gesellschaftsanteils keinen bestimmenden Einfluss auf die Willensbildung der GmbH ausüben und im Bedarfsfall etwaige ihm unangenehme Weisungen nicht jederzeit verhindern kann.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.02.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) ab 01.02.2010 abhängig beschäftigt ist und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung besteht.
Der 1970 geborene Kläger ist selbstständiger Rechtsanwalt, stellvertretender ärztlicher Direktor der Universitätsklinik T., Abteilung Sportmedizin (Teilzeit zu 40%) und Gesellschafter und Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Die mit notariellem Vertrag vom 04.02.2010 gegründete Beigeladene zu 1) betreibt in der Rechtsform der GmbH eine sportmedizinische Einrichtung, insbesondere zur sportmedizinischen Versorgung der am Olympiastützpunkt St. trainierenden Kaderathleten und von Nachwuchsathleten. An dem Stammkapital von 170.000 € beteiligt sind mit je 20% die Sporthilfe Württemberg eV und das Universitätsklinikum T. sowie mit je 12% fünf Ärzte, darunter der Kläger. In der Gesellschafterversammlung gewähren je angefangene 1.000 € eines Geschäftsanteils eine Stimme (§ 12 Abs 2 Gesellschaftsvertrag). Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, im Einzelnen genannte Beschlüsse - ua über die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung - bedürfen einer ¾-Mehrheit (§ 15 Abs 1 Gesellschaftsvertrag). Rechtshandlungen der Geschäftsführung in Grundsatzfragen sowie in Einzelfällen von besonderer Bedeutung, darunter 1.) strategische Grundsatzentscheidungen, 2.) Erwerb, Veräußerung, Belastung, An- oder Vermietung, An- oder Verpachtung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, soweit diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen sind, 3.) Übernahme von Bürgschaften oder anderen Sicherungsleistungen, soweit diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen sind, 4.) Einrichtung, Übernahme oder Auflösung von Einrichtungen, 5.) Gewährung von Darlehen ab einer vom Aufsichtsrat festzulegenden Betrag im Einzelfall an Mitarbeiter oder Dritte, 6.) Aufnahme von Darlehen ab einem vom Aufsichtsrat festzulegenden Betrag im Einzelfall soweit diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen sind, 7.) Maßnahmen mit einem Aufwand bzw einer Investitionssumme ab einem vom Aufsichtsrat festzulegenden Betrag im Einzelfall, soweit diese nicht im Wirtschaftsplan vorgesehen sind (§ 11 Gesellschaftsvertrag).
Der Kläger ist seit 01.02.2010 alleinvertretungsbefugter und vom Selbstkontrahierungsverbot befreiter Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Der Geschäftsführervertrag enthält ua folgende Regelungen:
§ 3 Aufgabengebiet
(1) Der Geschäftsführer hat alle Geschäfte der Sp. M. mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze, des Gesellschaftsvertrags, der Geschäftsordnung für den Geschäftsführer und der Gesellschafterbeschlüsse durchzuführen. …
(2) Geschäfte, zu denen der Geschäftsführer die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrats benötigt, ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag der Sp. M.
(3) Die Tätigkeit des Geschäftsführers im Rahmen dieses Vertrags beinhaltet ausschließlich die geschäftsführende Tätigkeit und nicht die ärztliche Tätigkeit.
§ 4 Arbeitszeit
(1) Die Arbeitszeit richtet sich nach den in § 3 festgelegten Aufgaben sowie den betrieblichen Erfordernissen. Sie ist vom Geschäftsführer in diesem Rahmen frei und eigenverantwortlich zu gestalten.
§ 8 Vergütung
(1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ab dem 01.02.2010 folgende Bezüge:
1. Ein festes Monatsgehalt iHv 600 € brutto, fällig am Ende des jeweiligen Kalendermonats.
2. Der Geschäftsführer erhält Ersatz aller Kosten, die durch erforderliche Geschäftsreisen entstehen. Maßgebend hierfür sind die steuerlichen Vorschriften.
3. In Abhängigkeit des Geschäftsergebnisses der Sp. M. und des tatsächlichen Aufwandes für die Geschäftsführung wird eine einvernehmliche Regelung hinsichtlich einer zusätzlichen Vergütung für die Geschäftsführung getroffen.
(2) Ist der Geschäftsführer durch Krankheit oder sonstige in seiner Person liegende Gründe eine längere Zeit an der Erfüllung seiner Vertragspflichten v...