Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungs-Sammelerklärung. Unrichtigkeit. Schätzung. Honorar
Orientierungssatz
Die Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes ist bereits dann unrichtig, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthält; die Kassenärztliche Vereinigung ist dann berechtigt, das dem Vertragsarzt zustehende Honorar zu schätzen (vgl BSG vom 17.9.1997 - 6 RKa 86/95 = SozR 3-5550 § 35 Nr 1).
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt höheres Honorar für das Quartal 1/96. Er wendet sich gegen die Festsetzung eines geschätzten Honorars in Höhe des Fachgruppendurchschnitts.
Der Kläger ist als Frauenarzt in G zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Quartal 1/96 behandelte er kurativ 1.054 Patientinnen (Fachgruppe: 1.050). Mit dem Honorarbescheid vom 15.07.1996 setzte die Beklagte das Honorar auf 94.477,20 DM fest. Hierbei schätzte sie das Honorar für Patientinnen der Primär- und Ersatzkassen auf 59.164,24 DM. Dies entsprach dem Durchschnitt der Fachgruppe. Zuvor hatte die Beklagte Tagesprofile erstellt. Aus diesen ergaben sich unter Zugrundelegung ihrer damaligen Zeitvorgaben für etliche Tage Arbeitszeiten von 20 Stunden und mehr (22.01.1996: 20:26 Stunden, 24.01.1996: 20:02 Stunden, 25.01.1996: 20:16 Stunden, 08.02.1996: 21:32 Stunden, 12.02.1996: 23:11 Stunden, 26.02.1996: 23:46 Stunden, 04.03.1996: 20:19 Stunden, 11.03.1996: 20:42 Stunden, 25.03.1996: 21:07 Stunden). An zahlreichen anderen Tagen lagen die Arbeitszeiten zwischen 15 und 20 Stunden. In den mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Erläuterungen zum Honorarbescheid 1/96 vom 17.07.1996 teilte die Beklagte dem Kläger mit, da allein mit den herkömmlichen Mitteln der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Gefährdung der wirtschaftlich arbeitenden und ordnungsgemäß abrechnenden Praxen und die Probleme der plausiblen wirtschaftlichen Leistungserbringung nicht gelöst werden könnten, sei die Abrechnung auf Plausibilität geprüft worden. Die Höhe der von ihm abgerechneten Leistungen sei an mehreren Tagen nicht plausibel, obwohl er mit seiner Sammelerklärung die Richtigkeit seiner Abrechnung bestätigt habe. Die Abrechnung sei damit insgesamt als nicht plausibel anzusehen und dürfe grundsätzlich nicht vergütet werden. Anstelle der eigentlich gebotenen Nichtauszahlung werde zur Vermeidung sozialer Härten mit dem Honorarbescheid ein geschätztes Honorar festgesetzt, das dem durchschnittlichen Fallwert der ordnungsgemäß abrechnenden Ärzte der Fachgruppe entspreche. Diesem Schreiben beigefügt waren die Listen der Tagesprofile.
Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger u.a. gegen die Festsetzung eines geschätzten Honorars. Er trug persönlich vor, bei den fraglichen Tagen handle es sich nachweislich um Ausnahmetage mit weitaus überdurchschnittlicher Morbidität und daraus resultierenden überdurchschnittlichen Leistungen, wie sie in jeder Arztpraxis vorkommen könnten. Es habe sich nicht um Routinetage gehandelt. Daraus alleine die fehlende Plausibilität abzuleiten, sei ohne Berücksichtigung der individuellen Umstände unzulässig, dies gelte erst recht für den Schluss der Inplausibilität auf die gesamte Abrechnung. Seine Arbeitstage dauerten routinemäßig 10 bis 12 Stunden, häufig bleibe nicht einmal Zeit für die Mittagspause. Anders wären ca. 50 bis 70 Konsultationen täglich auch nicht zu schaffen. An allen Tagen seien die Leistungen im Rahmen des EBM ordnungsgemäß erbracht und dokumentiert worden. Zeitgebundene Leistungen parallel zu anderen Leistungen seien nicht erbracht worden. Ein großer Teil der Patientenbegegnungen seien Kurzberatungen bzw. nicht arzt- oder zeitgebundene Leistungen gewesen, so dass genügend Zeit für den Rest vorhanden gewesen sei. Zudem sei seine Praxis überdurchschnittlich psychosomatisch orientiert, es bestehe schwerpunktmäßige Sterilitätsdiagnostik und -therapie. Auch sei die Zahl der Karzinompatientinnen überdurchschnittlich. Hieraus resultierten erhöhte Frequenzen von Gesprächs- und Konfliktziffern. Es fänden sich auch Arbeitstage mit einer geringeren Anzahl von Gesprächsleistungen. Im Vergleich zum Quartal 1/95 habe mit 16 % keine nennenswerte Steigerung stattgefunden. Von einer nicht indizierten Mengenausweitung könne nicht die Rede sein. Ergänzend ließ er durch seine Bevollmächtigten vortragen, der Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil er nicht hinreichend angehört worden sei. Er habe weder Gelegenheit zur Äußerung gehabt noch seien die Zeitvorgaben offen gelegt worden. Plausibilitätsprüfungen könnten nicht zur Kürzung von Leistungen führen. Diese müssten gesamtvertraglich vereinbart sein, was vorliegend nicht der Fall sei. Plausibilitätskontrollen könnten allenfalls der erste Schritt einer Prüfungsreihe, der sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Abrechnung von Vertragsärzten sein. Mit ihr könne allenfalls ein weiteres Prüfverfahren wegen unkorrekten Abrechnungsverhaltens eingeleitet werden. Zudem fehle ...