Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage. Verpflichtungsklage. Unzulässigkeit des Klagebegehrens. fehlendes Rechtsschutzbedürfnis. Feststellung einer bestimmten Form einer bereits als Listen-Berufskrankheit anerkannten Krankheit. Anerkennung einer gesundheitlichen Folge einer bereits anerkannten Berufskrankheit. Fehlen einer überprüfbaren Ausgangsentscheidung des Unfallversicherungsträgers. anerkannte Quarzstaublungenerkrankung gem BKV Anl 1 Nr 4101. Anerkennung einer Mischstaubpneumokoniose. restriktive und obstruktive Ventilationsstörung mit chronischer Bronchitis
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Antrag auf Feststellung einer bestimmten Form einer Krankheit, die insgesamt bereits als Listen-BK anerkannt ist, ist unzulässig (hier: Anerkennung einer "Mischstaubpneumokoniose" bei bereits anerkannter BK 4101).
2. Die Anerkennung einer gesundheitlichen Folge einer anerkannten BK setzt voraus, dass der Unfallversicherungsträger durch Verwaltungsakt zumindest dem Grunde nach die Feststellung dieser Folge abgelehnt hat. Eine bloße Erwähnung einer solchen BK-Folge in der Begründung eines Bescheids reicht insoweit nicht. Dies gilt mindestens dann, wenn der Versicherte die Feststellung der fraglichen gesundheitlichen Folge im Verwaltungsverfahren gar nicht begehrt hatte.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Juni 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Verletztenrente aufgrund einer anerkannten Berufskrankheit Nummer 4101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (Quarzstaublungenerkrankung, Silikose; künftig: BK 4101).
Der 1933 in Rumänien geborene Kläger besuchte dort bis 1946 die Schule. Anschließend verrichtete er bis 1950 Feldarbeit. Danach absolvierte er bis 1954 eine Maurerlehre. Von 1954 bis 1956 leistete er seinen Wehrdienst. Danach war er bis 1960 als Maurer tätig. Von Januar 1961 bis April 1989 arbeitete er in Rumänien als Industrieofenmaurer. Er war im Bereich der Instandhaltung in einer Fabrik tätig, die Haushaltsgegenstände mit Emaille-Überzug herstellte. Seit 1991 lebt er in Deutschland, wo er nicht mehr berufstätig gewesen ist. Seit 1993 bezieht er eine Altersrente. Der Kläger ist als Spätaussiedler anerkannt worden.
K1 (R1-Krankenhaus, Klinik S1) diagnostizierte am 25. Februar 2016 anlässlich einer stationären Schlafüberwachung des Klägers u.a. ein schwergradiges Schlafapnoesnydrom, Asthma bronchiale und Adipositas. S2 diagnostizierte in einem Arztbrief vom 4. April 2016 ebenfalls eine Schlafapnoe sowie Asthma (nicht allergisch, aktuell nicht wesentlich obstruktiv).
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2016 zeigte der behandelnde Arzt R2 gegenüber der Beklagten den Verdacht einer beim Kläger bestehenden BK in Form einer Silikose an.
Die Beklagte beauftragte eine Stellungnahme des Präventionsdienstes, dieser teilte am 12. Januar 2018 zusammenfassend mit, es sei davon auszugehen, dass der Kläger von 1961 bis 1989 quarzhaltigen Feinstäuben in beträchtlichem Ausmaß ausgesetzt gewesen sei.
Daraufhin veranlasste die Beklagte die Einholung eines pneumologischen Gutachtens bei G1. Dieser führte in seinem Gutachten vom 16. August 2018 aus, es liege eine geringfügige Quarzstaublungenerkrankung im Sinne der BK 4101 vor. Seit 1995 sei zudem ein Asthma bronchiale bekannt. Es bestünden nur diskrete radiologische Veränderungen der Lunge, die erstmals durch eine Computertomographie (CT) vom 26. August 2016 nachgewiesen worden seien. Die Lungenfunktionsprüfung am Untersuchungstag habe einen Normalbefund ergeben. Unter Medikation habe eine komplette Normalisierung der Atemflüsse und -volumina vorgelegen. Hinweise auf eine Restriktion ergäben sich nicht. Die Leistung und die Sauerstoffaufnahme bei einem Belastungstest (Spiroergometrie) hätten im Normbereich gelegen. Es bestünden keine auf die Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführenden Funktionseinschränkungen. Die MdE belaufe sich auf 0 vH. Unabhängig von der Lungenfunktion steige die Herzfrequenz des Klägers nur unzureichend an. Im Echokardiogramm habe sich hinsichtlich des Herzens eine leicht- bis mittelgradige Einschränkung der linksventrikulären Funktion gezeigt. Die Ursache der Dyspnoe liege in erster Linie im kardialen Bereich. Hinweise auf eine relevante Lungenfunktionsstörung lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 27. August 2018 erkannte die Beklagte beim Kläger das Vorliegen einer BK 4101 an. Ansprüche auf Rente oder sonstige Leistungen bestünden nicht. In der Begründung führte die Beklagte aus, beim Kläger seien quarzstaubbedingte Veränderungen der Lunge, verstärkt im rechten Oberfeld, ohne dadurch bedingte Einschränkungen der Atmungs- und Kreislauffunktion röntgenologisch nachweisbar. Die BK sei nicht behandlungsbedürftig und habe auch keine rentenberechtigende MdE zur Folge. Unabhängig von der Berufskrankheit leide der Kläger an Asthma Bronchiale, arterieller Hypertonie...